Mr. Turner - Meister des Lichts

Ein Sonderling der feinsten Sorte


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Timothy Spall spielt William Turner (1775 - 1851), einen der großen britischen Maler seiner Zeit © Filmladen
DIE STORY: „Mr. Turner“ erzählt zweieinhalb Stunden lang vom Leben und Arbeiten des berühmten Landschaftsmalers William Turner (Timothy Spall). Wie er in den letzten 25 Jahren seines Lebens immer wieder neue Weg fand, Licht auf die Leinwand zu bannen. Wie er sich nur auf seine Kunst konzentrierte und als Ekel vom Dienst beinahe alle Menschen um sich herum verprellte.
 
DIE STARS: Timothy Spall dürften die meisten Zuschauer aus der „Harry-Potter“-Reihe kennen. Dort gab er mit viel Hingabe Peter Pettigrew – genannt Wurmschwanz –, einen der Diener des Bösen, Lord Voldemort. Seit Mitte der 70er Jahre war Spall in weit mehr als 100 Filmen zu sehen. Aber erst jetzt mit diesem Film reift Spall zur wahren Größe heran. Wenn man „Mr. Turner“ mit diesem großartigen Schauspieler in der Hauptrolle gesehen hat, kann man sich nicht vorstellen, dass er von einem anderen Schauspieler gespielt worden wäre. Spall zieht sich Turner wie eine zweite Haut über – faszinierend. 
 
DIE KRITIK: Der britische Regie-Altmeister Mike Leigh, schon sieben Mal für den Oscar nominiert, war zuletzt mit „Another Year“ in etwas leichterem Gewässer unterwegs. Nun ist er wieder bei seinem eigentlichen Kino angekommen. Leigh, der früher – wie auch sein Kollege Ken Loach – dem sozialkritischen Kino verpflichtet war, hat wieder einen Film-Klotz hingestellt, an dem man nicht vorbeikommt, wenn man behaupten möchte, die besten Filme des Jahrgangs 2014 gesehen zu haben.
„Mr. Turner“ ist zwar kein rein sozialkritischer Film geworden. Aber Mike Leigh übernimmt Prinzipien seines früheren Schaffens in diese Biografie. Leigh schaut unglaublich genau hin, beobachtet und wartet ab, urteilt nur in den seltensten Fällen. Das kann den Fluss des Films schon hin und wieder ein wenig hemmen. Aber da wir über einen Maler des 18. Und 19. Jahrhunderts reden, ist es nur logisch, dass sich der Regisseur und damit der Film reichlich Zeit nehmen, den Meister bei der Arbeit zu begleiten.
Mike Leigh macht zum Glück eines nicht, das immer wieder fälschlicherweise für die beste Art gehalten wird, von einem berühmten Menschen zu erzählen. Nein, man muss nicht wissen, welche Hose der junge William trug, wann er zum ersten Mal das Licht sah, das sein Leben so sehr prägen sollte, wen er alles küsste und schlug.
Leigh setzt auf das letzte Vierteljahrhundert im Leben des Meistermalers. Wir lernen ihn 1825 kennen. Turner kommt gerade von einer Bildungsreise nach Holland wieder zurück. Er ist zu der Zeit schon ein angesehener Mann der Gesellschaft und gemachter Künstler. Aber auch ein Sonderling der feinsten Sorte.

Subtile Sinnlichkeit sieht anders aus: Mr. Turner beim Flirt © Filmladen

Auf seinen Leinwänden entstehen die allerpoetischsten Kompositionen aus Licht und Meer. Doch im Umgang mit anderen Menschen versagt Turner komplett. Er stößt die meiste Zeit nur Grunzlaute aus (Timothy Spall macht das großartig), die Familie – Kinder inklusive – hat in seinem Leben nur einen untergeordneten Rang. Er beleidigt sein Umfeld nach Strich und Faden. Nur zu seinem Vater (Paul Jesson) hat er ein gutes Verhältnis. Da wird auch mal im Satz gesprochen und gescherzt.
Mike Leigh fügt seine Biografie aus etlichen Puzzlestücken zusammen. Der Film ist nicht chronologisch erzählt. Es sind die Episoden, die letztendlich das ganze Bild ausmachen. Turner, der sich eine Geliebte sucht, der seine Kollegen zurückstößt, der von der Königin unverstanden bleibt, weil seine Kunst zu modern ist. Und immer wieder Turner, der durch Landschaften streift, um sie zu betrachten, zu verstehen und dann in wunderbare lichtdurchflutete Bilder zu gießen, die heute noch Bestand haben.  
 
IDEAL FÜR: Kinogänger, die an prachtvoll ausgestatteten Kostümfilmen ihre helle Freude haben und für jene, die gern dabei zuschauen, wie große Kunst entsteht.






Trailer
LÄNGE: 149 min
PRODUKTION: Großbritannien 2014
KINOSTART Ö: 21.11.2014
REGIE:  Mike Leigh
GENRE: Biografie|Drama
ALTERSFREIGABE: ab 16


BESETZUNG
Timothy Spall: J. M. W. Turner
Paul Jesson: William Turner Sr.
Dorothy Atkinson: Hannah Danby