DIE STORY: „Moonlight“, zum besten Film des Jahres gewählt, ist der erste Oscar-Sieger, der ausschließlich mit afro-amerikanischen Darstellern gedreht wurde.
Das Drama widmet sich in drei Episoden der Kindheit und Jugend eines Jungen namens Chiron, der in Miami auf der schattigen Seite der Straße lebt. Die Story führt in eine Welt, in der viele Kinder ohne Väter aufwachsen, viele Mütter drogenabhängig sind und viele Männer mit Drogen handeln, weil sie in der Berufswelt nur wenig Chancen haben.
Die erste Episode, „Little“, handelt vom zehnjährigen, schwer verstörten Chiron (Alex Hibbert), der in der Schule ständig gemobbt und geschlagen wird. Eines Tages wird er vom Drogenhändler Juan (Mahershala Ali) aus einer bedrohlichen Situation gerettet. Der starke Mann nimmt sich als väterlicher Freund des Jungen an.
In der zweiten Episode, „Chiron“, ist aus dem Knaben ein Teenager (Ashton Sanders) geworden, der sich nun allein durchs Leben kämpft, denn sein Mentor Juan ist tot. In einer zärtlichen Szene mit seinem einzigen Freund Kevin (Jharrel Jerome) entdeckt Chiron seine Homosexualität. Allerdings ist Kevin nolens volens auch an einer Gewalt-Aktion beteiligt, die Chiron komplett aus der Bahn wirft.
Das dritte Kapitel zeigt Chiron (Trevante Rhodes) als jungen Erwachsenen, der die Konsequenzen daraus zog, dass er früher stets der Verlierer war. Chiron hat sich einen muskelbepackten Körper antrainiert ist selbst zum starken Mann in der Drogenszene geworden. Eine erneute Begegnung mit Kevin (André Holland) zeigt aber, dass hinter seiner rauen Schale noch immer ein zarter, sensibler Kern versteckt ist.
DIE STARS: Den stärksten Eindruck in „Moonlight“ hinterlässt Neo-Star Mahershala Ali als Drogen-Dealer mit Herz. Folgerichtig wurde er mit dem Oscar des besten Nebendarstellers belohnt. Mit Naomie Harris (Miss Moneypenny bei „Bond“) und Janelle Monaé („Hidden Figures“) sind zwei Top-Darstellerinnen in den Erwachsenen-Parts dabei.
Beim Protagonisten Chiron und seinem Freund Kevin entschied Regisseur Barry Jenkins (er gewann für „Moonlight“ den Drehbuch-Oscar), die Rollen auf jeweils drei hochbegabte Jungdarsteller in den verschiedenen Altersstufen zu verteilen.
DIE KRITIK: Drei Oscars und dazu der Golden Globe als bestes Filmdrama des Jahres: „Moonlight“, um das lächerlich geringe Budget von 1,5 Millionen Dollar produziert, hat die Filmwelt seit dem US-Start letzten Oktober im Sturm erobert.
Dass der meisterlich inszenierte Film in den USA solch starke Wirkung erzielte, verwundert nicht. Dort gibt es schließlich eine starke dunkelhäutige Community, in der man vieles, was dem Außenseiter Chiron passiert, aus eigenem Erleben kennt: Die Gewalt, die zerrütteten Familien, und vor allem die Schwierigkeit in einer von den Weißen dominierten Welt, aus dem Teufelskreis von geringen Berufs-Chancen und sozialer Deklassierung herauszukommen.
Doch „Moonlight“ ist ein Film, der auch einem europäischen Publikum eminent viel zu sagen hat. Denn abgesehen vom Setting in den rauen Vorstädten von Miami geht es um universale Themen, die jeden etwas angehen: Um Freundschaft und Verrat, um Vertrauen, um sexuelle Orientierung und um die Grundfrage, ob man einen schwierigen Startplatz im Leben einfach hinnehmen muss oder ob man dafür kämpfen will, etwas aus der eigenen Existenz zu machen.
Regisseur Barry Jenkins inszenierte das Drama mit einer geradezu zärtlichen Feinfühligkeit, die in krassem Gegensatz steht zu den wilden Typen und den harten Ereignissen, die den Film vorantreiben. Der anfangs fast verstummte Chiron ist in seinem Unglück und seiner Sehnsucht ein Herzensbrecher, dem nicht nur die Sympathien des rauen Dealers Juan zufliegen, sondern auch jene des Publikums.
Dass aus dem kleinen Außenseiter dann ein junger Mann mit Six-Pack-Body und Goldschmuck wird, der selbst mit Drogen handelt, ist sicher nicht das, was wir uns unter einer gelungenen Selbstfindung vorstellen. Aber gerade der Verzicht auf ein Hollywood-Happy-End gibt dem Film eine besondere, herbe Note. Weil man mit der Hauptfigur stark mitfühlt und mit Chiron zur Kenntnis nehmen muss, wie schwierig es sein kann, sich komplett aus dem Milieu seiner Kindheit zu befreien.
IDEAL FÜR: Freunde starker Kino-Dramen voller schwieriger Konflikte, aber auch voll Menschlichkeit.