Mittsommernachtstango

Wölfe mögen keinen Tango


FilmClicks:
So geht Tango auf Finnisch: Das Duo mit dem schönen Namen Gommi ja Pommi © Polyfilm
DIE STORY: Zu Beginn der Doku „Mittsommernachtstango“ kommt Finnlands berühmter Filmemacher Aki Kaurismäki ins Bild und schreibt die Musikgeschichte neu. Der Tango, weiß er zu berichten, sei entgegen landläufiger Ansicht nicht in Argentinien entstanden, sondern um 1850 in Finnland: „Die Hirten sangen Tangos, um die Wölfe fernzuhalten“. Während man noch überrascht die Stirn runzelt, erklärt Kaurismäki, auch der Walzer sei eine finnische Erfindung („den haben uns die Wiener geklaut“). Spätestens hier ist klar: Achtung, Satire!
Von Finnland aus reist Regisseurin Viviane Blumenschein nach Buenos Aires, wo sie lokale Musiker mit Kaurismäkis Tango-Thesen vertraut macht. Die Antwort: „Klar, und Argentinien hat die Sauna erfunden!“ Um der Sache auf den Grund zu gehen, schickt der Film drei argentinische Tango-Barden nach Finnland. Die gurken dort mit klapprigen Lada-PKWs durch die mittsommernächtlich erhellte Botanik und finden in der Tat einige Berufskollegen, die der (seit etwa 100 Jahren gepflegten) finnischen Spielart des Tango huldigen.
 
Seine Thesen eröffnen den Film: Der große Aki Kaurismäki © Polyfilm

DIE STARS:
Über Aki Kaurismäki, der mit seinen Sprüchen den Film in Gang bringt, braucht man keine Worte zu verlieren. Der Schöpfer von Meisterwerken wie „Wolken ziehen vorüber“, „Der Mann ohne Vergangenheit“ oder „Le Havre“ hat das finnische Kino zur Weltmarke gemacht und er hat obendrein mit „Leningrad Cowboys Go America“ bewiesen, dass ihm zur Verbindung der Themen Finnland und Musik viel einfällt.
Die drei argentinischen Musiker Walter „Chino“ Laborde, Pablo Greco und Diego „Dipi“ Kvitko, die  zur Nordland-Expedition abheben, sind hierzulande genauso unbekannt wie  die finnischen Musikanten. In Tango-Websites kann man aber die Einschätzung finden, „El Chino“ sei in seiner Heimat ein Star. Was Finnland betrifft, gilt das auch für den im Film auftretenden M. A. Numminen. Jener Musiker, dessen Name weltweit am stärksten mit dem Wort Tango verbunden wird – der  1992 verstorbene Astor Piazzolla - kommt erstaunlicherweise weder  mit seinen Melodien vor noch wird er im Film erwähnt.
 
DIE KRITIK: „Mittsommernachtstango“ ist zwar eine Dokumentation, aber allein schon durch den Auftritt von Aki Kaurismäki hat das Werk viel von einem Kaurismäki-Film. Soll heißen: Wo immer möglich, rückt die deutsche Regisseurin Viviane Blumenschein Dinge und Menschen ins Bild, die man mit dem Wort skurril kennzeichnen kann. Von der fahrbaren Sauna-Kabine (mit einem Moped als Zugmaschine) bis zu einem nordischen Instrumentalisten, der vor dem Auftritt ein Hasen-Kostüm anlegt.
Was hat nun ein Hasen-Outfit mit dem Tango zu tun? Genauso viel wie der Tango mit Finnland, könnte man sagen. Die Versuchsanordnung, den schwermütig-feurigen Musikstil aus Südamerika nach Nordeuropa zu verorten, wirkt ein bissl sehr konstruiert. Klar, natürlich gibt es in Finnland (wie wohl fast überall auf der Welt) einheimische Künstler, die Tango spielen. Aber der Vergleich macht einen rasch sicher: Mit den Musikanten aus Buenos Aires können die  im Film vorgeführten Finnen nicht mithalten. Sie sind gewiss sehr witzige und weltoffene Leute. Doch ihrem Tango fehlt es an Leichtigkeit und Sinnlichkeit. Ihr Sound klingt mehr so ein bissl nach Tango-Marsch. Und das färbt ab auf den Film. „Mittsommernachtstango“ ist eine Doku, die einen auf sehr liebenswerte Art irgendwann ermüdet.       
 
IDEAL FÜR: Musikfreunde, die den Tango und Finnland lieben- und die damit leben können, dass Tango aus Argentinien einfach besser klingt.






Trailer
LÄNGE: 82 min
PRODUKTION: Deutschland / Finnland / Argentinien 2013
KINOSTART Ö: 13.06.2014
REGIE:  Viviane Blumenschein
GENRE: Dokumentation|Musikfilm


BESETZUNG
Aki Kaurismäki: er selbst