DIE STORY: Die Geschichte von „Madame Marguerite“ hat es in ähnlicher Form wirklich so gegeben. Es geht um eine Dame (Catherine Frot), die felsenfest davon überzeugt ist, dass sie wunderbar singen kann. Allerdings steht sie mit dieser Meinung allein da. Denn alle anderen hören, wie sie wirklich singt - einfach grauenhaft.
Bisher konnte dieser Umstand verheimlicht werden, da Madame Marguerite nur vor einem ausgesuchten Kreis auftrat, der angehalten war, trotz der Misstöne zu applaudieren. Aber nun will die Künstlerin in die Öffentlichkeit. Kann das gut gehen?
DIE STARS: Catherine Frot ist in Frankreich spätestens seit der hinreißenden Komödie „Odette Toulemonde“ ein grosser Star. Bei uns schaut sie in den Kinos auch regelmäßig vorbei; mit Komödien wie „Die Köchin und der Präsident“ oder „Dinner für Spinner“.
Eine Rolle wie „Madame Marguerite“ allerdings bekommt auch Madame Frot nicht alle Tage. Und sie legt in die Performance alles hinein. Unerschrocken schmettert sie ein ums andere Mal die Arie der „Königin der Nacht“ aus Mozarts „Zauberflöte“. Nur selten trifft sie einen Ton. Man wird nach dem Film wohl nie wieder diese Arie hören können, ohne schmunzeln zu müssen. Zu diesem Mut muss man Catherine Frot applaudieren.
DIE KRITIK: „Madame Marguerite oder die Kunst der schiefen Töne“ wirkt so, als hätten Drehbuchautor und Regisseur verdammt viel Fantasie gehabt. Eine Sängerin, die nicht singen kann, aber trotzdem immer wieder auf die Bühne will – das klingt reichlich absurd.
Der französische Regisseur Xavier Gianolli („Chanson d’Amour“) musste seine Vorstellungskraft jedoch nicht allzu sehr anstrengen. Denn so eine Frau gab es wirklich. Sie hieß aber nicht Marguerite, sondern Florence. Mit vollem Namen Florence Foster Jenkins. Die steinreiche Amerikanerin hat Anfang des 20. Jahrhunderts - davon künden bis heute schrecklich schöne Tondokumente im Internet - ein derartiges Nicht-Talent im Singen an den Tag gelegt, dass man es kaum glauben mag (im November 2016 wird man Meryl Streep im Kino als Florence sehen).
„Madame Marguerite“-Regisseur Gianolli ist aber nicht an der echten Florence Foster Jenkins interessiert. Er nahm ihre Gesangsleidenschaft einfach als Ausgangspunkt und baute seine eigene Geschichte.
Man sieht, wie Marguerite von ihrem reichen Ehemann Georges (André Marcon) geschützt wird. Er erfüllt ihr den Wunsch, vor Zuhörern aufzutreten und lädt immer wieder Gäste ein. Die dann gute Miene zum schrecklichen Gesang machen.
Georges lässt auch Fotos schießen, die davon zeugen sollen, dass seine Frau eine weltweite Karriere als erfolgreiche Sängerin hinter sich hat. Aber dann nimmt Marguerite Gesangsunterricht bei einem Profi und gerät an Menschen, die ihr einreden, dass sie auf jeden Fall vor richtigem Publikum auftreten muss. Und das hat fatale Konsequenzen.
Xavier Gianolli gelingt eine Tragikomödie voller Witz und Trauer. Der Zuschauer belächelt die Heldin nicht einmal. Der Film ist edel ausgestattet und sensibel inszeniert. Und wenn Marguerite am Ende ihre eigene Stimme zum ersten Mal hört - dann folgt ein zu Herzen gehender Filmmoment.
IDEAL FÜR: Kinogänger, die sich gern prächtig ausgestattete Biografien anschauen, die mit dem Gegenstand ihrer Beobachtung sehr frei umgehen.