GESAMTEINDRUCK: „Loveless“ ist ein beinhartes Scheidungsdrama aus Russland, das kompromisslos auf dem Rücken eines Kindes ausgetragen wird.
DIE STORY: „Loveless“ erzählt von der zu Ende gehenden Ehe zwischen Boris (Alexei Rozin) und Zhenya (Maryana Spivak). Beide wollen sich scheiden lassen. Neue Partner sind schon längst ausgewählt. Die gemeinsame Wohnung wird verkauft. Was aber soll mit dem zwölfjährigen Sohn geschehen? Keiner der Beiden möchte ihn haben. Allabendlich brüllt man sich in der Wohnung an, während der Junge im Zimmer nebenan alles mit anhört und versucht, seine Trauer in einen stummen Schrei zu pressen.
Boris und Zhenya sind derart mit sich und dem Aufbau des neuen Lebens beschäftigt, dass sie nicht mitkriegen, wie ihr Kind aus ihrem Leben verschwindet. Ist er weggelaufen oder versteckt er sich? Wurde ihm Gewalt angetan?
DIE STARS: Alexei Rozin und Maryana Spivak sind in Russland bekannte Schauspieler. Bei uns sind sie für die meisten Zuschauer neue Gesichter. In diesem sehr intensiven Drama kann man sie für sich entdecken.
DIE KRITIK: Andrey Zvyagintsev gewann mit „Loveless“ im Mai 2017 den Preis der Jury beim Festival Cannes. Der Filmemacher seziert messerscharf wie derzeit kein zweiter russischer Regisseur die gesellschaftlichen Zustände in seiner Heimat. In seinem Vorgängerfilm „Leviathan“ hatte er sich der Korruption in verschiedenen Gesellschaftsschichten und der Kirche angenommen. Dieses Mal wird er, ohne das politische Umfeld aus dem Auge zu verlieren, privater.
Zvyagintsev wirft in „Loveless“ einen analytischen Blick auf eine Ehe, die keine Zukunft mehr hat. Eigentlich wären Boris und Zhenya, die ehemals Liebenden, schon längst auseinander gelaufen. Aber da verschwindet ihr gemeinsames Kind Alyosha (Matvey Novikov).
Für eine kurze – und im Film unglaublich spannend inszenierte – Zeit ziehen die Eltern noch einmal an einem Strang. Zhenya starrt mal nicht ständig auf ihr Smartphone. Boris lebt mal wieder für seine Familie und nicht für die Arbeit.
Ein wichtiger Nebenaspekt: Als das Kind plötzlich verschwunden ist, erlebt man das komplette Versagen der Sicherheits-Behörden. Die mafiösen Verhältnisse in Russland werden hier schmerzhaft brillant bebildert.
„Loveless“ ist ein kalter, ein winterlicher Film – wunderbar gelungen und zugleich schwer zu ertragen. Jede Szene sitzt passgenau. Es ist ein schnörkelloser Film über das Scheitern von zwei unfassbar egoistischen Menschen. Wem sie mit ihrem Handeln die stärksten Schmerzen zufügen, erkennen sie erst, als es zu spät ist.
IDEAL FÜR: Freunde des Arthaus-Kinos, die wissen, die es zu schätzen wissen, dass Film auch mal wehtun kann.