GESAMTEINDRUCK: „Long Shot“ ist eine Mischung aus Politsatire, Romanze und Trash-Komödie, die trotz vieler guter Gags deutlich macht, dass dieser Genre-Mix schwere Schwachstellen hat.
DIE STORY: Bei einer Veranstaltung kreuzen sich die Wege der US-Außenministerin Charlotte Field (Charlize Theron) und des verkrachten Journalisten Fred Flarsky (Seth Rogen). Die beiden erkennen einander wieder: Jahrzehnte zuvor hat die junge Charlotte als Babysitterin auf den kleinen Fred aufgepasst. Zum Entsetzen der Polit-Profis ringsum engagiert die Außenministerin ihren Ex-Schützling als Redenschreiber. Obendrein kommen die elegante Lady und der zottelige Nerd einander auch erotisch näher. Diese Verbindung besitzt hohes Skandal-Potenzial, verfolgt Charlotte Field doch den Plan, nach der nächsten Wahl als Präsidentin ins Weiße Haus einzuziehen.
DIE STARS: Von der zuckersüßen Candy in „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ über die düstere Hauptrolle im Killer-Drama „Monster“ (Oscar) bis zur knallharten Kämpferin in „Mad Max: Fury Road“: Charlize Theron zählt zu den vielseitigsten Superstars des Hollywood-Kinos. In „Long Shot“ präsentiert sich Theron als sehr feminine Schönheit, die sich für den Politbetrieb eine unterkühlte, machtbewusste Aura zurechtgelegt hat. Zwischendurch bricht sie mit unkonventionellen Aktionen aber gern aus ihrem Goldenen Käfig aus.
Der Komödiant Seth Rogen ist das Gegenteil eines vielseitigen Schauspielers – er verkörpert meist den Typ des polternden Außenseiters, dessen Humor gern mal unter die Gürtellinie greift. Seine Rolle in „Long Shot“ entspricht exakt diesem Schema.
Der Engländer Andy Serkis gilt als unsichtbarster Filmstar unserer Zeit. Er gestaltete als Bewegungsmodell große Rollen wie den Gollum in „Herr der Ringe“, den Caesar in „Planet der Affen“ oder den King Kong in Peter Jacksons „King Kong“. In „Long Shot“ sieht man Serkis jetzt mal so, wie er leibt und lebt – allerdings in einer unsympathischen Rolle: Er spielt einen Medien-Tycoon, der keine Fairness, aber alle üblen Tricks des Geschäftslebens kennt.
DIE KRITIK: „Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich“ (so der holprige Untertitel von „Long Shot“) ist es im realen Politbetrieb, dass eine der mächtigsten Frauen der Welt, die US-Außenministerin, ihr Herz an einen rabiaten Sonderling verliert, An einen Reporter, der in seinem Job für alles Mögliche bekannt ist – nur nicht für zurückhaltende Formulierungen und diplomatische Worte.
Im Hollywood-Kino aber liebt man alles, was unwahrscheinlich ist. Und so darf sich Seth Rogen als rauer und sehr alternativ gekleideter Journalist Fred Flarsky darüber freuen, dass ihm die wunderschöne Charlize Theron als Spitzenpolitikerin Charlotte Field erst einen Job und dann auch noch ihr Herz schenkt.
In einer ernsthaften Komödie könnte diese Konstellation gut funktionieren. Hier das Machtkalkül und die strengen Regeln des Politbetriebs - dort die Gedankenwelt eines alternativen Denkers, dessen Überlegungen von Sachzwängen befreit sind: Das ergäbe viel Stoff für witzige und zugleich kluge Konfrontationen.
In seinen – nicht wenigen – starken Momenten lässt „Long Shot“ erahnen, was alles möglich wäre. Da begleitet man die hinreißende Charlize Theron als einerseits machthungrige, andererseits aber auch getriebene Mandatarin, deren Leben vom Terminkalender diktiert wird und die bei jedem öffentlich gesprochenen Satz abwägen muss, welche Folgen ihre Statements auslösen können.
Rund um die Uhr ist diese Außenministerin, die als nächste Karrierestufe die US-Präsidentschaft anstrebt, von Beratern und Sicherheitsleuten umgeben. Im Grunde ein Höllenjob im Namen der Freiheit, vor dem freiheitsliebende Menschen nur schreiend Reißaus nehmen können.
Anstatt diese superb geschilderten Situationen zum Fundament für pointierte Wortgefechte zu nehmen, kommt als Antipode zur Außenministerin nun Seth Rogen ins Spiel, und dessen Sache ist die feine Klinge nicht. Wie in seinen Trash-Komödien à la „Bad Neighbors“ trampelt er als gutherziger, aber hundsordinärer Zeitgenosse durchs Geschehen. Wenn dieser Fred Flarsky ins Stolpern gerät, dann windet er sich nicht mit Worten aus der Situation heraus. Sondern dann fliegt er mit großem Getöse eine lange Treppe hinunter.
Legt Regisseur Jonathan Levine zu Beginn das Schwergewicht auf die Politik, so wendet er sich mit der Zeit immer stärker dem Klamauk und der reichlich schmalzigen Love Story zwischen Charlotte und Fred zu. Das geschieht nicht fließend, sondern mit Karacho: Hier prallen filmische Welten aufeinander, die nicht zueinander passen wollen. Als Höhepunkt (oder auch Tiefpunkt) wartet eine sexuell aufgeladene Szene, nach der man den Filmtitel „Long Shot“ besser versteht.
So ist eine gewiss gut gemeinte und in Teilen auch sehr gute Satire entstanden, die einem viel über die Hinter- und Abgründe des Politbetriebs verrät (eine Lauschangriff-Sequenz weckt Assoziationen zum Ibiza-Video). Doch unterm Strich bleibt die Erkenntnis: Bei diesem Projekt wäre bedeutend mehr drin gewesen.
IDEAL FÜR: Freunde von romantischen Komödien mit politischem Hintergrund, die es interessiert, wie Charlize Theron und Seth Rogen zueinander finden.