Liebe möglicherweise

Verlockungen und Verletzungen


FilmClicks:
„Liebe möglicherweise“: Leila (Edita Malovcic) und Michael (Devid Striesow) beginnen einen Flirt © Filmladen
DIE STORY: „Liebe möglicherweise“ handelt von Menschen aus Wien, die zueinander finden oder sich trennen, die in Sachen Liebe voller Sehnsucht sind und/oder voller Schmerz.
Die einzelnen Handlungsstränge sind episodenhaft miteinander verknüpft.
Der Familienvater und Mittvierziger Michael (Devid Striesow) zelebriert seine Midlife Crisis: Er kündigt aus einer Laune heraus seinen Job und beginnt einen Flirt mit der Schauspielerin Leila (Edita Malovcic), die an sich mit  Michaels Freund Roland (Norman Hacker) liiert ist.
Leila lässt sich gern auf eine Affäre mit Michael ein, denkt aber nicht im Traum daran, daraus eine feste Beziehung wachsen zu lassen. Michaels Ehefrau wiederum, die Ärztin Monika (Silke Bodenbender), wirft den ungetreuen Gemahl aus der Wohnung und gleichzeitig ein Auge auf Roland, von dem sie sich sanfte Umarmungen und Zärtlichkeit erhofft.
Roland hat allerdings keine Zeit, sich nur um die Frauen zu kümmern. Er steht im Dauerkontakt mit seinem Vater Walter (Otto Schenk), der seit  dem Tod seiner Frau dem Sterben näher zu sein scheint als dem Leben.
In ihrer Arbeit als Ärztin wacht  Monika schließlich über den Zustand eines Teenagers, der ins künstliche Koma versetzt wurde, nachdem er auf der Flucht vor einem Warenhausdetektiv in ein Auto gelaufen war. Die Mutter (Gerti Drassl), alleinstehend und schwanger, weicht nicht vom Krankenbett ihres Sohnes.

Großartiges Spiel: Otto Schenk als Witwer in „Liebe möglicherweise“ © Filmladen

DIE STARS: Michael Kreihsl, der Autor und Regisseur von „Liebe möglicherweise“, hat ein edles deutsch-österreichisches Ensemble vor der Kamera versammelt.
Mit Devid Striesow („Die Fälscher“) und Silke Bodenbender („Wild“) spielen zwei Stars aus Berlin ein Wiener Ehepaar. Edita Malovcic („Tatort“-Kollegin von Til Schweiger) und Gerti Drassl („Vorstadtweiber“) erwarben große Popularität im Fernsehen, Otto Schenk ist mit seinen 86 Jahren der Grandseigneur der österreichischen Schauspiel-Szene. Norman Hacker, den Österreicher aus dem Ensemble des Münchner Residenztheaters, würde man gern viel öfter auf der Leinwand sehen.
Auch Christine Ostermayer, Hary Prinz, Francis Okpata und die junge Jana McKinnon bleiben mit markanten Auftritten in Erinnerung.

Bangen um den verletzten Sohn: Gerti Drassl als Mutter (mit Francis Okpata) © Filmladen

DIE KRITIK: „Liebe möglicherweise“ ist definitiv kein Film, der das Kino neu erfinden möchte: Er erzählt Boy-Meets-Girl-Geschichten, und das sind die ältesten, die (nicht nur) der Film zu bieten hat.
Regisseur Michael Kreihsl springt mitten hinein in die Welt der amourösen Stadtneurotiker von heute. Der Film zitiert einmal das japanische Sprichwort „Auf das Glück warten ist wie auf den Tod warten“. Das wollen die Protagonisten nicht, einige folgen ihren Träumen von Nähe und Partnerschaft (oder deren Vermeidung) sehr beherzt. Aber sie haben dann nicht die Konsequenz, ihren neuen Wegen - und Partnern - auch treu zu bleiben. Vielleicht wegen anderer Verlockungen und/oder Verletzungen. Oder wegen einer tiefen Angst vor echten Bindungen.
Obwohl „Liebe möglicherweise“ etliche dramatische Szenen zeigt, ist der Film weniger ein Drama als vielmehr eine Folge von Momentaufnahmen. Filmemacher Kreihsl verfolgt das Geschehen, das er selbst in Gang setzt, quasi mit freundlicher Distanz. Dadurch gerät man auch als Zuschauer automatisch in eine beobachtende Position: Das Werk steuert keinem glücklichen oder tragischen Finale entgegen. Statt dessen lädt der Film dazu ein, die eigenen Positionen zum Thema Distanz und Nähe mit dem Geschehen auf der Leinwand zu vergleichen.
Das ist ein durchaus anregender Ansatz für einen Film, und das Vergnügen wird noch dadurch gesteigert, dass das kluge Werk mit sehr elegantem Spiel auf die Leinwand kommt. Die Darsteller sind wunderbar.
Otto Schenk stattet seinen alten Witwer mit sehr vitaler Gebrochenheit aus. Gerti Drassl gibt eine Schmerzensmutter der intensiven Art. Edita Malovcic lockt als äußerst verführerische Schönheit mit Witz und Pep – kein Wunder, dass ihr sowohl der coole Norman Hacker als auch der irrlichternde Devid Striesow verfallen. Und Silke Bodenbender beeindruckt als gestandene Frau, deren berufliche Souveränität sofort zusammensackt, wenn es um ihre private Ratlosigkeit geht.
So beeindruckt „Liebe möglicherweise“ nicht nur als kluge Variation auf das ewige Thema Nummer Eins der Menschen, die Liebe, sondern auch als großes Fest für große Schauspieler. Was könnte besser passen zum Schauplatz Wien – dieser Stadt, die ihre Mimen liebt wie kaum eine andere?
 
IDEAL FÜR: Liebende und Entliebte, die einen Blick auf die Beziehungskisten anderer Leute werfen wollen.






Trailer
LÄNGE: 89 min
PRODUKTION: Österreich 2016
KINOSTART Ö: 02.12.2016
REGIE:  Michael Kreihsl
GENRE: Drama|Romanze
ALTERSFREIGABE: ab 16


BESETZUNG
Devid Striesow: Michael
Silke Bodenbender: Monika
Edita Malovcic: Leila
Norman Hacker: Roland
Otto Schenk: Walter
Gerti Drassl: Mutter
Francis Okpata: Mamadou
Hary Prinz: Philipp
Jana McKinnon: Viktoria
Christine Ostermayer: Margherita