DIE STORY: Das Drama „Licht“ behandelt den Fall einer jungen Klaviervirtuosin im Wiener Rokoko des Jahres 1777.
Maria Theresia Paradis (gespielt von Maria Dragus) war für ihr virtuoses Klavierspiel bekannt, jedoch nicht nur, weil sie es so unglaublich gut beherrschte, sondern weil sie blind war. Dass sie dadurch eine entstellte Mimik an den Tag legte, während sie spielte - inklusive flirrender, suchender Augen - machte sie ein wenig auch zur Jahrmarktattraktion.
Die Wiener Regisseurin Barbara Albert hat die wahre Geschichte dieser „Resi“ verfilmt. Ihr Film „Licht“ zeichnet das Dilemma nach, in das sich die junge Frau begibt, als sie von ihren Eltern an den Wunderheiler Franz Anton Mesmer (Devid Striesow) übergeben wird.
Der ist als handauflegender Quacksalber bekannt, aber seine Methoden scheinen Wirkung zu zeigen: Bald schon erlangt Resi ihre Sehkraft tatsächlich zurück. Die skeptische Wiener Ärzteschaft glaubt an einen glatten Betrug und intrigiert gegen Mesmer. Für Resi ist die neu gewonnene Fähigkeit zunächst ein Segen, aber bald schon schlägt das Gefühl um in eine handfeste Depression:
Resi bemerkt nämlich, dass sie mit zunehmender Sehkraft immer weniger virtuos wird am Konzertflügel. Nichts will ihr mehr gelingen, es schleichen sich Fehler ein, und selbst das Spielen mit verbundenen Augen klappt nicht. Erst, als sie die Behandlung bei Mesmer abbricht und wieder erblindet, kehrt die Virtuosität in ihr Klavierspiel zurück.
DIE STARS: Die 23-jährige Deutsche Maria Dragus, die in Michael Hanekes „Das weiße Band“ mitspielte und zuletzt in „Tiger Girl“ zu sehen war, macht ihre Sache richtig gut und verkörpert die blinde Pianistin mit großer Hingabe und glaubhaftem Nachhall. Devid Striesow ist als Wunderdoktor (wie in allen seinen Rollen) grandios. Regisseurin Barbara Albert ist eine rundum herausragende Besetzung geglückt.
DIE KRITIK: Auch, wenn Manches an diesem Film gestalterisch an die Strenge von Jessica Hausners „Amour Fou“ erinnert, ist „Licht“ doch ein ganz eigenständiges Meisterstück. Barbara Albert hat damit ihr Opus Magnum vorgelegt: Es ist tatsächlich ihr bislang bester Film, weil er wirkt, als sei er wie aus einem Guss.
Vielleicht liegt das auch daran, dass sich die Regisseurin aufs Regieführen konzentrieren konnte, da sie sowohl den Autorinnen-Job als auch jenen als Produzentin abgegeben hat. Bisher war sie bei ihren Filmen auch für diese anderen Disziplinen zuständig.
Doch der Fokus liegt nun auf dem Inszenieren. Albert arbeitet sich ab am gesellschaftlichen Druck im damaligen Wien, jedoch nicht, ohne dem Publikum die Möglichkeit zu geben, auch Parallelen zur heutigen Gesellschaft zu ziehen.
Selbstbestimmung war gerade für Frauen zu dieser Zeit ein Fremdwort. Resi kam durch ihre Sehbeeinträchtigung überhaupt erst in die Lage, als etwas Besonderes wahrgenommen zu werden. Sie erhielt eine Gnadenpension der Kaiserin und galt als exotischer Schauwert.
Wäre Resi mit einem intakten Augenlicht geboren worden, hätte sie ihre Karriere am Klavier mit all den Reisen und dem Beifall niemals realisieren können. Man hätte sie verheiratet und sie wäre in der Anonymität dieser Ehe verschwunden. Ohne ihre Behinderung wäre Resi zum Mittelmaß verdammt gewesen. Albert arbeitet dieses Dilemma in den wunderbar genauen Bildern von Kamerafrau Christine A. Maier heraus.
IDEAL FÜR: Fans des österreichischen Films und des Kostümdramas, das ohne Pathos auskommt.