Liberace
Leidenschaft von Mann zu Mann
DIE STORY: „Liberace“ ist eine Mischung aus Film-Biografie und schwuler Love Story. Im Zentrum steht der Pianist und Entertainer-Paradiesvogel Liberace (1919 – 1987), den die Frauen vergötterten, während er selbst hinter verschlossenen Türen Männer liebte. Insbesondere einen blonden jungen Beau namens Scott Thorson, auf dessen Erinnerungen der Film von Steven Soderbergh basiert.
DIE STARS: Michael Douglas als Liberace und Matt Damon als Scott sind ein Paar aus dem Hollywood-Himmel. Die beiden (Hetero-)Stars zaubern ihre schwulen Filmfiguren so traumwandlerisch auf die Leinwand, dass man ihnen die Leidenschaft von Mann zu Mann in jeder Sekunde glaubt.
KURZKRITIK: Regisseur Steven Soderbergh verabschiedete sich mit „Liberace“ in seine lang angekündigte Film-Schaffenspause. Er legt das Werk als Romanze der großen Gesten und Gefühle an, verlässt die Villa und die Bühnenwelt des Entertainers aber kaum. Der wohl größte Konflikt im Leben Liberaces – seine Homosexualität zu leugnen und vor der Öffentlichkeit geheim zu halten – wird im Film nur oberflächlich angedeutet. Die Story hat Längen, die vom himmlischen Spiel der Stars Douglas & Damon aber überstrahlt werden.
IDEAL FÜR: alle, die hinter die Kulissen des Show Biz schauen sowie Michael Douglas und Matt Damon als verliebtes Paar erleben wollen.
FilmClicks Kritik. Die Goldklunker sind stets echt, nicht aber alle güldenen Gefühle. „Liberace“, der Film, gewährt einen tiefen Blick in eine grotesk verkitschte Wunderwelt, in der Liberace, der Star, wie ein Kaiser regiert. Geht nicht? Gibt’s nicht! Wenn es den Herrn der Pianotasten und der Glitzerkostüme nach etwas gelüstet, dann wird es ihm auf dem Silbertablett serviert. Widerstand ist zwecklos. Nicht etwa, weil der Mann ein autoritäres Ekel wäre. Gott behüte. Michael Douglas führt in einer der besten Rollen seiner Karriere vor, wie Liberace alle und jeden mit seinem zuckersüßen, eigensinnigen Charme um den Finger wickelt.
Diese Erfahrung macht auch der junge Scott Thorson (Matt Damon), ein semmelblonder schwuler All-American-Boy vom Lande, und er macht sie gern. Der Besuch bei einem Liberace-Konzert entpuppt sich für ihn als Eintrittskarte in die Welt des Luxus und der ganz, ganz großen Liebe. Irgendwie kommt’s dazu, dass Scott in der Garderobe dem Star die Hände schüttelt. Nicht viel später schaut er seinem künftigen Mentor schon im Bett in die verträumten Augen. Der Show-Kaiser hat seinen Märchenprinzen gefunden, mit dem er nicht nur Tisch und Bett, sondern sein ganzes Leben teilen will. Was eine Zeitlang sehr gut geht.
Man sieht Douglas und Damon beim Flirten, beim Streiten, beim Küssen und, ja, auch beim Sex. Die erotischen Szenen sind nicht explizit, strahlen aber viel Sinnlichkeit aus.
Michael Douglas hat den Künstler Liberace als extravagante Kunstfigur gestaltet, mit affektierter (aber nie zu affektierter) Sprache, mit sprudelndem Charme und einer gehörigen Portion (wohlkalkulierter?) Naivität. Sein Liberace ist ein Star, dem man seine Bekenntnisse, Schwüre und hochfliegenden Pläne keinesfalls immer glauben muss. Doch man muss ihn vom ersten Moment an gern haben in seiner flackernden und flatterhaften Liebenswürdigkeit.
Matt Damon spielt den Scott als netten Jungen von nebenan, der mit staunenden Augen verfolgt, wie er von der Farm seiner Pflegeeltern in die Liberace-Villa nach Las Vegas expediert wird. Dieser Scott ist dem Leben in Saus und Braus letztlich nicht gewachsen. Er wird zum Junkie, bevor die Beziehung nach Jahren mit einem Rausschmiss endet. Dann darf Matt Damon, der zunächst als entzückender Toy Boy punktet, auch seine dämonischen Seiten zeigen.
So ist Steven Soderberghs Film ein angenehm und gegen Ende auch düster dahinplätscherndes Drama aus der Welt der Begabten, Reichen und Schönen. Verwunderlich ist allerdings die Tatsache, dass Soderbergh und sein Autor Richard LaGravenese (er schrieb den Eastwood-Streep-Klassiker „Die Brücken am Fluss“) so wenig Interesse an der großen Lebenslüge Liberaces zeigen: An der öffentlichen Verleugnung seiner Homosexualität.
Liberace sagt im Film einmal, dass er stets seine Anwälte einschaltet, wenn ihm ein Journal Schwulitäten unterstellt – und damit ist das Thema auf der Leinwand auch schon erledigt. Schade. Man hätte gern mehr darüber gewusst, wie dieser virtuose Pianist und Entertainer, der in seinen Glanzzeiten gewiss zu den mächtigsten Männern des Show Biz zählte, über sein Geheimnis dachte. Ob ein Outing überlegte, ob er unter der Geheimhaltung litt.
Doch diese Geschichte mag Steven Soderbergh nicht erzählen. So bleibt, wenn man das Kino verlässt, vor allem das hinreißende Spiel von Michael Douglas und Matt Damon in Erinnerung. Wer meint, dass Michael Douglas für diese Rolle den Oscar verdient hätte, der ist absolut im Recht. Nur wird es beim „hätte“ bleiben: „Liberace“ wurde vom Sender HBO als Fernsehfilm produziert, der in den USA gar nicht ins Kino kam. Diese Tatsache kostet Michael Douglas seinen Startplatz im Oscar-Rennen. Denn Fernsehfilme und ihr Personal dürfen bei den Academy Awards nicht antreten.