Körper und Seele

Die Wonnen und Schrecken der Liebe


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„Körper und Seele“: Endre (Géza Morcsányi) und Maria (Alexandra Borbély) finden langsam zueinander © Thimfilm
DIE STORY: „Körper und Seele“ ist eine spröde und sensible Romanze, die an einem Ort beginnt, wo man alles vermuten würde – nur nicht die Liebe: In einem Schlachthof. Regisseurin Ildikó Enyedi wurde für das Werk im Februar 2017 mit dem Goldenen Bär der Berlinale ausgezeichnet.
Der „kleine Film“ (Enyedi) aus Ungarn  erzählt eine zarte Geschichte über Annäherung, Begehren und Liebe. Im Mittelpunkt steht eine in sich gekehrte junge Veterinär-Medizinerin namens Maria (Alexandra Borbély), die als neue Qualitätsprüferin in dem Schlachthof in Budapest beginnt. Langsam fasst sie Vertrauen zu ihrem Vorgesetzten Endre (Géza Morcsányi), der ebenfalls zur Gruppe der eher verschlossenen Menschen  gehört.
Irgendwann stellen die beiden zu ihrer nicht geringen Verblüffung fest, dass sie im Schlaf die gleichen Träume träumen. Auf einem Pfad voller Umwege und Rückschläge gehen sie langsam daran, ihre Träume zur Realität werden zu lassen: Die Romanze beginnt.

Die stille Qualitätsprüferin: Alexandra Borbély als Maria © Thim

DIE STARS: Der deutsche Sprachraum und Ungarn grenzen zwar direkt aneinander, doch manchmal scheinen Welten dazwischenzuliegen. Das merkt man (wieder einmal) am Cast von „Körper und Seele“: Hauptdarstellerin Alexandra Borbély ist in ihrer Heimat eine prominente Schauspielerin, bei uns jedoch praktisch unbekannt. Ähnlich verhält es sich bei ihrem Filmpartner Géza Morcsányi: Der ist zwar kein gelernter Schauspieler, zählt aber als Verleger zu den führenden Köpfen der ungarischen Kulturszene.
Die Autorin und Regisseurin Ildikó Enyedi gewann 1989 in Cannes mit dem Drama „Mein 20. Jahrhundert“ die Goldene Kamera für den besten Erstlingsfilm. Seither drehte sie in Ungarn einige Kurz-, TV- und Spielfilme, bis sie 2017 mit dem Goldenen Bären für „Körper und Seele“ wieder breite internationale Aufmerksamkeit erhielt.

Der stille Finanzdirektor: Géza Morcsányi als Endre © Thim

DIE KRITIK: Love Storys im Kino (und in der Literatur) leben meist davon, dass zwei Menschen aus sehr ungewöhnlichen Gründen zueinander finden. In „Seele und Körper“ wird eine große Liebe durch einen kleinen Diebstahl ausgelöst.
Das geht so: Als besagter Diebstahl in dem Schlachthof in Budapest auffliegt, wird eine Psychologin engagiert, die durch Befragungen der Mitarbeiter herausfinden soll, wer hinter der Tat steckt. Unter anderem fragt die Therapeutin nach den Träumen ihrer Gesprächspartner.
Endre, der Finanzdirektor, berichtet, er habe geträumt, ein Hirsch zu sein, der mit einer Hirschkuh durch den winterlichen Forst streift.
Maria, die Qualitätsprüferin, berichtet, sie habe geträumt, eine Hirschkuh zu sein, die…
Die Psychologin glaubt natürlich an ein abgekartetes Spiel der beiden. Doch Endre und Maria, die viel zu scheu sind, um miteinander über so intime Dinge wie Träume zu reden, haben sich nicht abgesprochen. Aber als sie vom Traum des/der anderen erfahren, sind sie wie elektrisiert.
Denn insgeheim haben sie längst aneinander Gefallen gefunden. Und wenn sie von den gleichen Träumen durch die Nacht begleitet werden – wäre das nicht ein Ansatz, um auch in der Realität zueinander zu finden?
Zugegeben, es ist eine wunderliche Versuchsanordnung, die sich die Filmemacherin Ildikó Enyedi für „Körper und Seele“ ausgesucht hat. Aber das Erstaunliche ist: Der Liebesfilm funktioniert. Man lässt sich gern entführen in die stille Welt zweier stiller Menschen, die durch den Magnetismus der Liebe aus ihren Solo-Wohlfühlzonen herausgezogen werden. Man teilt ihre Hoffnungen, Träume und Ängste.
Szenen aus der Tierwelt – einerseits idyllisch mit Hirsch und Hirschkuh im Wald, andererseits klinisch brutal, wenn die Rinder im Schlachthof in den Tod getrieben werden – untermalen und unterstützen die Gemütsbewegungen der Protagonisten.
Fazit: Die Liebe wird in „Körper und Seele“, frei nach dem Pop-Song von Belinda Carlisle, als „Wild Scary Animal“  geschildert. Doch wenn man diese Kreatur namens Liebe erst einmal aufgeweckt hat, wird es verdammt schwer, ohne sie auszukommen.
 
IDEAL FÜR: Freunde hochklassiger Arthaus-Filme.






Trailer
LÄNGE: 116 min
PRODUKTION: Ungarn 2017
KINOSTART Ö: 22.09.2017
REGIE:  Ildikó Enyedi
GENRE: Drama|Romanze


BESETZUNG
Alexandra Borbély: Maria
Géza Morcsányi: Endre