Kon-Tiki
Falsche Bärte auf echtem Floss
STORY: Der norwegische Forscher und Abenteurer Thor Heyerdhal hat 1947 mit einem Floss den Pazifik überquert und damit die polynesische Besiedlungsgeschichte umgeschrieben. 101 Tage auf einem Floss und ein Leben lang norwegischer Nationalheld.
KRITIK: Auch wenn der Film nicht ganz so epochal wie Heyerdahls tollkühne Reise damals ist, für einen richtig guten Abenteuerfilm und eine Prise Salzwasser in der Nase reicht es allemal.
STARS: Richtige Stars hat der Film keine. Zumindest keine, die man auch bei uns zu Lande kennt. Der Bruder von Vampir-Schönling Alexander Skarsgard spielt einen der bärtigen Männer. Fürs Auge immerhin etwas.
IDEAL FÜR: Leute, die schon als Kinder das Abenteuer gesucht haben und "Meuterei auf der Bounty" lieben. Gemeutert wird hier zwar nicht, auf dem Floss ist es aber dennoch ganz schön eng. Parallelen zu "Life of Pi" sind übrigens rein zufällig. Das einzige Tier an Board ist hier ein Papagei. Und der wird irgendwann von einem Hai verspeist.
Tollkühn – so könnte man wohl am besten die Idee bezeichnen, die Thor Heyerdahl, norwegischer Forscher, 1946 hatte: Polynesien sei nicht von Asien her bevölkert worden, sondern von Südamerika, sagte er, sprang auf ein Floss und hat es während einer 101-Tage dauernden Expedition bewiesen - die Strecke Peru Polynesien, knapp 5000 Kilometer. Seitdem ist er norwegischer Nationalheld, der mit „Kon-Tiki“ ein filmisches Denkmal bekommt.
Die erste halbe Stunde klappert der Film mit norwegischer Doppelregie von Joachim Rønning und Espen Sandberg verschiedene Lebensstationen von Heyerdahl ab. Schlüsselmomente wie das „Beinahe-Ertrinken“ im Dorfteich mit anschließender Angst vor Wasser; ein Paddelausflug mit der Frau, der den Geistesblitz für die Theorie bringt; das Klinkenputzen nach Geld bei Investoren. Seine Stärken zieht der Film aber genau dann, wenn er den festen Boden verlässt und aufs Wasser hinausgeht. Sechs immer bärtiger werdende Männer auf einem kleinen Floss, den Wellen und Naturgewalten ausgeliefert. Stürme, Haiattacken, einseitige Ernährung, Lagerkoller. In faszinierenden Bildern erzählen die beiden Regisseure von den 101 Tagen an Board der Kon-Tiki. Manchmal erinnert es an einen anderen Film auf offener See aus den letzten Kinomonaten: „Life of Pi“.
„Kon-Tiki“ ist nicht nur der teuerste norwegische Film aller Zeiten, sondern vermutlich auch der aufwendigste. Denn er wurde gleich zweimal gedreht. Einmal auf norwegisch und einmal auf englisch. Vertragliche Festlegung für europäische Fördergelder. Geschadet hat es nicht, immerhin war für die norwegische Version eine Oscarnominierung drin. Unterstützung bekamen die Drehbuchautoren von der Familie Heyerdahl. Nachdem der Abenteurer bis zu seinem Tode 2002 alle möglichen Drehbücher abgelehnt und eine Verfilmung seines Lebens immer wieder aufgeschoben hat, wurden die Drehbuchautoren von „Kon-Tiki“ von Heyerdahls Sohn Thor Junior und Enkel Olav beraten. Nicht nur ideell, sondern auch materiell, denn Olav hat 2006 seinem berühmten Großvater nachgeeifert und die gleiche Tour gemacht. 30 Tage schneller, das Floss hat er der Filmcrew zur Verfügung gestellt.
Auch wenn der Film nicht ganz so epochal wie Heyerdahls tollkühne Reise damals ist, für einen richtig guten Abenteuerfilm und eine Prise Salzwasser in der Nase reicht es allemal.