Kill Billy

Der Ikea-Gründer wird entführt


FilmClicks:
„Kill Billy“: Harold (Bjorn Sundquist, l.) hat Ikea-Gründer Ingvar Kamprad (Björn Granath) entführt © Filmladen
DIE STORY: Die norwegische Farce „Kill Billy“ ist eine Moritat über den alternden Möbelhändler Harold (Bjorn Sundquist), dessen Geschäft wegen der Konkurrenz durch Ikea bankrott geht. Damit nicht genug, ereilen den braven Mann noch weitere Schicksalsschläge, worauf er beschließt, seinem Leben eine neue Wendung zu geben. Er will jenen Mann entführen, den er für seinen Abstieg verantwortlich macht: Ingvar Kamprad, den Ikea-Gründer:
Wie das Leben so spielt, steht der Milliardär Kamprad (Björn Granath) wenig später in einer Winternacht autostoppend am Straßenrand, als Harold vorbeifährt.  Kamprad steigt ein und darf sich fortan als Entführungsopfer betrachten. Denn Harold hat eine Knarre im Anschlag.
Allerdings entwickelt sich das Kidnapping anders als gedacht. Denn mit einem hatte Harold nicht gerechnet: Der reiche alte Mann (der echte Kamprad wurde im März 90 Jahre alt) findet seine Entführung ziemlich spannend. Ein norwegischer Fall von Stockholm-Syndrom tritt ein: Der Entführer und sein Opfer werden zwar keine Freunde, aber sie gehen durchaus herzlich miteinander um. Wozu auch der Umstand beitragen mag, dass sie gemeinsam in einem zugefrorenen See im Eis einbrechen.
 
DIE STARS: Keine Stars. „Kill Billy“ ist besetzt mit erstklassigen Kräften der skandinavischen Szene.

Vereint im Eis: Der Entführer und der Entführte © Filmladen

DIE KRITIK: Es gibt Story-Ideen, die klingen so gut, dass man im Überschwang der Begeisterung gern den Gedanken verdrängt, wie man so einen Geistesblitz in einen 90-Minuten-Film umsetzen könnte.
„Kill Billy“ (der Titel ist eine deutsche Erfindung in Anspielung auf Quentin Tarantino und das Billy-Regal von Ikea; im Original heißt der Film schlicht „Her er Harold / Hier ist Harold“) ist so ein Fall. Ein kleiner Händler plant eine Entführung, weil ihm von einem Konzern-Multi der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Prima! Daraus ließe sich etwas machen! Nur: was?
In den ersten zehn Minuten ist „Kill Billy“ brillant. Man sitzt im Möbelgeschäft von Harold und seiner Frau, die durchs Schaufenster mitverfolgen, wie Ingvar Kamprad gegenüber das zillionste Ikea-Möbelhaus eröffnet. Dann kommt der Gerichtsvollzieher statt der alten Kundschaft; dann folgt die Zwangsräumung. Harold muss zusperren. Diese Szenen sind ungemein berührend in der Intensität, in der sie Sorgen zahlloser kleiner Händler (und  deren Kunden) rund um die Welt schildern: Wehe, wenn Ikea angreift (und Amazon und H&M und wie sie alle heißen).
Nach diesem Klasse-Start kann man aber mitverfolgen, wie dem Film die Luft entweicht. Autor/Regisseur Gunnar Vikene hat erkennbar keinen Plan für eine kompakte Story und überlässt das Feld skurrilen nordischen Figuren. Da treten dann Harolds missratener Sohn auf und eine wilde 16-Jährige und eine hysterische Frau, die in grauer Vorzeit mal nordschwedische Meisterin war in irgendeiner Turn-Disziplin. Sie alle werden in den Plot der Entführungs-Geschichte eingebunden, obwohl der Film auch ohne sie auskommen würde.
So wirkt „Kill Billy“ unterm Strich wie ein nordisches Kuriositäten-Kabinett, in dem man immer wieder schmunzeln darf. Die Szenen zwischen Harold und Kamprad machen Spaß, doch letztlich hinterlässt der Film ein schales Gefühl. Alles, was „Kill Billy“ zum gnadenlosen Kampf Groß gegen Klein im Welthandel zu sagen hat, sagt der Film in den ersten zehn Minuten.  Danach sagt er nicht mehr viel. Er schwätzt nur noch, mit netten, aber belanglosen kleinen Pointen.
 
IDEAL FÜR: Liebhaber des schrägen skandinavischen Film-Humors. 






Trailer
LÄNGE: 84 min
PRODUKTION: Norwegen 2014
KINOSTART Ö: 24.06.2016
REGIE:  Gunnar Vikene
GENRE: Drama|Komödie
ALTERSFREIGABE: ab 16


BESETZUNG
Björn Sundquist: Harold
Björn Granath: Ingvar Kamprad