GESAMTEINDRUCK: „Just Mercy“ ist ein spannendes und erschütterndes Justiz- und Rassismus-Drama. Spannend, weil nach allen Regeln der Kunst ein Justizskandal aufgearbeitet wird. Und erschütternd, weil diese wahre Geschichte zeigt, wie tief der Rassismus in Teilen der weißen US-Bevölkerung verankert ist.
DIE STORY: Der dunkelhäutige Harvard-Absolvent Bryan Stevenson (Michael B. Jordan) könnte in einer großen Anwaltskanzlei Karriere machen. Doch der junge Jurist geht lieber in die Südstaaten der USA, um sich dort um Häftlinge zu kümmern, denen es an rechtlichem Beistand fehlt. So stößt er auf den Forstarbeiter Walter McMillian (Jamie Foxx), der wegen des Mordes an einem Mädchen zum Tode verurteilt wurde. McMillian beteuert seine Unschuld. Die Indizien sprechen für ihn. Mit Hilfe der Aktivistin Eva Ansley (Brie Larson) setzt Stevenson alles daran, um den Fall neu aufzurollen.
DIE STARS: Der 33-jährige Michael B. Jordan zählt mit Filmen wie „Fruitvale Station“, „Creed“ oder „Black Panther“ zu den großen Begabungen des US-Kinos. Jamie Foxx (Oscar für das Porträt von Ray Charles in „Ray“) ist längst ein arrivierter Hollywood-Star. Auch Brie Larson nennt einen Oscar ihr eigen (verliehen 2016 für ihreHauptrolle im Entführungs-Drama „Room“).
Der in Hawaii geborene Autor und Regisseur Destin Daniel Cretton wird nach „Just Mercy“ demnächst den Marvel-Actionfilm „Shang-Chi And the Legend Of The Ten Rings“ drehen.
DIE KRITIK: „Ich bin schuldig seit dem Moment, als ich geboren wurde.“ Das ist das bittere Resümee, das der Häftling Walter McMillian zieht. Schuldig nicht, weil er den Mord begangen hätte, wegen dem man ihn in die Todeszelle gesteckt hat. Sondern schuldig, weil er mit der falschen, der dunklen Hautfarbe zur Welt gekommen ist. Und das kann, wie sein Fall zeigt, in den US-Südstaaten in den 1980er Jahren schon ausreichen, um zum Opfer eines vorsätzlichen Fehlurteils zu werden.,
Der Justizskandal, um den sich das Drama „Just Mercy“ (zu deutsch: „Einfach Gnade“) rankt, hat sich tatsächlich zugetragen. Der reale Walter McMillan, genannt Johnny D, wurde 1987 aufgrund einer einzigen, windigen Zeugenaussage zum Tode verurteilt. Als der Anwalt Bryan Stevenson bei der Aufarbeitung des Falls auf eine Ungereimtheit nach der anderen stieß, stand er einem kompakten, weiß dominierten Polizei- und Justizapparat gegenüber, der das Todesurteil vollstrecken wollte.
Regisseur Destin Daniel Cretton ummantelt die Geschichte des unschuldig verurteilten McMillian mit den Storys zweier weiterer Häftlinge, die ebenfalls in der Todeszelle sitzen. Der Stil des Films ist reportagenhaft realistisch – und hart: Als einer der Verurteilten zur Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl geführt wird, bleibt die Kamera bis zum bitteren Ende eingeschaltet. Dies ist eine emotional nur schwer zu ertragende Szene, welche die ganze Unmenschlichkeit der in Euroa gottlob längst abgeschafften Todesstrafe drastisch vor Augen führt.
Im Hauptstrang der Handlung hat Michael B. Jordan als Anwalt Stevenson im Grunde kein allzu schweres juristisches Problem zu lösen: Die Indizien, dass McMillan den ihm zu Last gelegten Mord nicht begangen hat, sind eindeutig. Obendrein bringt Stevenson den einzigen Belastungszeugen dazu, seine Aussage zu widerrufen. Doch obwohl die Faktenlage so klar ist, steuert das Drama nicht geradewegs einem positiven Ausgang entgegen. Immer wieder findet die Justiz Argumente, McMillan die Gerechtigkeit zu versagen.
Diese gegensätzlichen Positionen erzeugen in dem klassisch konstruierten Gerichtssaal-Drama eine tiefe Spannung, die sich erst im Finale auflöst. Die großartigen Darsteller tragen das ihre dazu bei, die Intensität zu verstärken.
Michael B. Jordan legt den Anwalt Stevenson als brillanten Juristen an, der seine Verteidigungslinie sachlich und zugleich voller Empathie durchzieht. Brie Larson spielt mit fast schon aufopferungsvoller Zurückhaltung die Bürgerrechtlerin Eva Ansley, die stets im Hintergrund wirkt. Und Jamie Foxx ist in jeder Szene berührend als gebrochener Mann, der zwangsweise mit dem Leben fast abgeschlossen hat – und der trotzdem nie komplett die Hoffnung verliert, dass die Gerechtigkeit letztlich doch siegen könnte.
IDEAL FÜR: Filmfreunde, die realistische große Dramen schätzen.