GESAMTEINDRUCK: Ein Mann, allein, in einer menschenverlassenen Welt: Das deutsche Drama „In My Room“ ist eine Dystopie der anderen Art. Leise, unbequem und sehr eindringlich.
DIE STORY: „In My Room“ spielt in der nahen Zukunft in Deutschland. Armin (Hans Löw) stellt sich als TV-Journalist derart dämlich an, dass er eines Tages den Job verliert. Als dann auch noch seine Oma stirbt, gerät seine Welt aus den Fugen. Besser gesagt: Alle Menschen verschwinden und nur noch er allein scheint übrig zu sein. Bis nach Jahren eine Frau auftaucht.
DIE STARS: Der deutsche Bühnen- und Filmschauspieler Hans Löw („Alles ist gut“) darf sich in „In My Room“ so austoben, wie das nur wenige Schauspieler dürfen. Den Großteil der Laufzeit des Films teilt sich der Schauspieler mit vielen Tieren, schöner Natur und mit sich selbst. Und das Verrückte: Es fehlt niemand. Wenn man sich auf den langsamen Rhythmus des Films einlässt, stellt sich ein Sog ein, an dessen Wirkung Hans Löw erheblichen Anteil hat.
DIE KRITIK: Normalerweise laufen Dystopien immer ähnlich ab. Jemand merkt, dass sich seine Welt radikal verändert hat. Er oder sie sucht nach einer Ursache. Versucht sich an einer Lösung und siegt oder verliert.
Der Berliner Filmemacher Ulrich Köhler („Schlafkrankheit“) hat an diesem Lauf der Dinge kein Interesse. Sein Ansatz ist nicht unähnlich dem, was sich Marlen Haushofer in ihrem Roman „Die Wand“ ausgedacht hat. Jemand kommt in eine ungewohnte Situation und muss nun lernen, völlig allein mit der größtmöglichen Freiheit umzugehen.
Der große Unterschied zu Haushofer: Bei ihr war das Alleinsein (von Martina Gedeck in der Verfilmung so großartig gespielt) ein Gefängnis. Während Ulrich Köhler seinen Protagonisten die große Freiheit spüren lässt. Dieser Armin kommt in der verlassenen Natur scheinbar wunderbar zurecht.
Er macht es sich gemütlich, trainiert sich sogar einen kleinen Six Pack an. So froh und lebendig war Armin wohl noch nie in seinem Leben. Aber dann taucht eine Frau, die Italienierin Kirsi (Elena Radonicich), auf. Nun muss Armin sein Paradies teilen.
Zuerst scheint alles wunderbar zu funktionieren. Allerdings mit verteilten Rollen. Er macht den Haushalt, während sie in die Wildnis aufbricht. Kann das lange gut gehen?
Eine spannende Versuchsanordnung, auch wenn „In My Room“ alles andere als leicht zugänglich ist. Aber Ulrich Köhler wollte das auch nicht anders. Er drehte einen Film, der einen herausfordert und zu einer Stellungnahme zwingt. Nicht sehr oft zu sehen in diesen Blockbuster-Zeiten.
IDEAL FÜR: Menschen, die ungewöhnliche Science-Fiction-Experimente mögen.