DIE STORY: Das Dokudrama „Im Namen meiner Tochter“ schildert den „Fall Kalinka“ - einen Todesfall im Jahr 1982 und eine deutsch-französische Justizaffäre, die sich bis ins Jahr 2014 dahinzog.
Im Sommer 1982 schickte der geschiedene Franzose André Bamberski (Daniel Auteuil) seine 14-jährige Tochter Kalinka zum Sommerurlaub bei ihrer Mutter und deren neuem Mann, dem deutschen Arzt Dieter Krombach (Sebastian Koch), nach Lindau am Bodensee. Wenige Tage später fand man das Mädchen tot im Bett. Bei der Obduktion konnte die Todesursache nicht eindeutig geklärt werden. Auf eine Untersuchung, ob Kalinka sexuell missbraucht worden war, verzichteten die Ärzte.
André Bamberski suchte die Schuld für den frühen Tod seiner Tochter bei Dieter Krombach (es gab den Verdacht, der Mediziner habe das Mädchen betäubt und dann missbraucht. Doch Bamberski drang mit seinen Anschuldigungen bei der deutschen Justiz nicht durch. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wurden im Sommer 1982 eingestellt.
Bamberski ließ aber nicht locker. Es gelang ihm, ein Gerichtsverfahren in Frankreich einzuleiten, das 1995 mit einer Verurteilung Krombachs (in Abwesenheit) zu 15 Jahren Gefängnis wegen Körperverletzung mit Todesfolge führte. Der Europäische Haftbefehl wurde jedoch weder in Deutschland noch in Österreich, wo man Krombach 2000 einmal festnahm, vollstreckt.
Schließlich ließ Bamberski den Deutschen im Jahr 2009 gewaltsam entführen und nach Frankreich bringen. Dort kam Brombach in Untersuchungshaft; das Urteil gegen den Mann (15 Jahre Gefängnis) wurde im Jahr 2011 bestätigt.
Auch Bamberski wurde der Prozess gemacht. Wegen der Entführung erhielt er 2014 im französischen Mulhouse eine einjährige Bewährungsstrafe.
DIE STARS: Daniel Auteuil ist einer der großen Stars des französischen Kinos. Für seine knapp 100 Filme wurde er vielfach ausgezeichnet; etwa mit dem Europäischen Filmpreis als bester Darsteller in Michel Hanekes Thrillerdrama „Caché“ (2005).
Sebastian Koch war ein gefragter Bühnendarsteller, bevor er sich ab etwa 1990 immer stärker Film- und Fernsehrollen zuwandte. Auch er sammelte zahlreiche Auszeichnungen ein, darunter den den Deutschen Fernsehpreis für die Darstellung des Hitler-Architekten Albert Speer in „Speer und Er“ (2005).
DIE KRITIK: „Im Namen meiner Tochter“ ist die sehr korrekte und sachliche Nacherzählung einer Tragödie und eines Skandals. Es ist zugleich ein Film, dessen tieferer Sinn sich nicht wirklich erschließt.
Denn das Werk des französischen Regisseurs Vincent Garenq liefert im Grunde nicht mehr als eine Bebilderung jener Fakten, die man im Wikipedia-Eintrag über den Fall Kalinka nachlesen kann.
Der Film ist weder ein Porträt des verurteilten Straftäters Krombach noch eine Attacke gegen die Säumigkeit der deutschen Justiz. Auch die Ungereimtheiten bei der Obduktion des toten Mädchens sind dem Film kein Anlass zu tiefergehender Recherche. „Im Namen meiner Tochter“ schildert nur, aus der Perspektive von André Bamberski, die jahrelangen Bemühungen dieses verzweifelten Vaters, den vermuteten Schuldigen am Tod seiner Tochter hinter Gitter zu bringen.
Filmisch gesehen ist dieses Drama frei von jeglicher Raffinesse. Es gibt nur wenige hochemotionale Momente, es gibt keinen Spannungsbogen, stattdessen aber Dialoge, die vor Banalität nur so strotzen. Letzteres hat starke Auswirkungen auf das Spiel von Daniel Auteuil und Sebastian Koch. Die beiden Stars, die zu den großen Darstellern des europäischen Kinos zählen, agieren hier so blass und uninspiriert wie nie zuvor.
So bleibt die Frage offen, was die Filmemacher dazu anregte, diese reale Tragödie ins Kino zu bringen. Genauso offen bleibt die Frage, warum man sich die traurige Geschichte heute anschauen soll.
IDEAL FÜR: Zeitgenossen, die den Fall Kalinka schon in jenen Jahren verfolgten, als er in den Zeitungen Schlagzeilen machte.