GESAMTEINDRUCK: Das deutsche Arthaus-Drama „Ich war zu Hause, aber“ ist verkopftes Kino über eine Mutter, die mit dem Verschwinden des Sohnes nicht klarkommt.
DIE STORY: Tiere rennen über die Leinwand. Ein Sohn (Jakob Lassalle) verschwindet. Er taucht wieder auf. Seine Mutter (Maren Eggert) kriegt die Krise. Die Familie droht zu zerbrechen. Die Tiere sind immer noch da.
DIE STARS: Maren Eggert, Krimifreunden bekannt als Psychologin in früheren Folgen des Kieler „Tatort“, liefert als Mutter in „Ich war zuhause, aber…“ eine der besten Leistungen ihrer Karriere. Auch wenn man als Zuschauer nicht jeden ihrer Ausbrüche begreift. Aber ihr beim Wüten zuzuschauen, das ist schwer beeindruckend.
DIE KRITIK: Die in internationalen Cineasten-Kreisen gefeierte Regisseurin Angela Schanelec gilt als die große Verweigerin in der deutschen Filmlandschaft. Das macht sie mit ihrem extrem kargen und reduzierten Drama „Ich war zuhause, aber“ wieder sehr deutlich.
Die Geschichte dreht sich darum, dass ein 13jähriger Junge von daheim abhaut, dass er mehrere Tage verschwunden bleibt und dann wieder heimkommt. Nun könnte man erwarten, dass die Fragen nach dem Wie und Warum geklärt werden. Aber Angela Schanelec ist daran nicht interessiert. Ihr Kino ist eines der Auslassungen. Eines, das den Zuschauer extrem fordert.
Man sieht die Mutter – brillant gespielt von Maren Eggert –, wie sie nach und nach die Fassung verliert. Mal beginnt sie zu weinen, obwohl die Familie wieder da ist. Dann streitet sie, weil ein gekauftes Fahrrad kaputt gegangen ist. In einer nicht enden wollenden Szene diskutiert sie mit jemandem über die Sinnhaftigkeit von Film und Theater.
Dem Zuschauer wird hier viel geboten. Inklusive Kindern, die Shakespeare zitieren. Aber nie wird einem die ganze Story erzählt. Auch der sehr poetische Filmtitel bekommt nie eine Bedeutung. Aus diesem sehr anstrengenden Puzzle flieht man entweder nach wenigen Minuten (die einem wie Stunden vorkommen), oder man bleibt fasziniert sitzen.
Bei der Berlinale 2019 hat Angela Schanelec für „Ich war zuhause, aber“ den Preis als beste Regisseurin erhalten. Wer sich Filme gern im Kopf selber zusammenbaut und es mag, Tiere zu beobachten, die minutenlang nichts tun außer zu sein, wird diese Jury-Entscheidung eine kluge nennen. Der Otto-Normal-Kinogänger wird mit dieser Art von Film nicht das Geringste anfangen können. Und damit wären wir bei der durchaus interessanten Frage, wessen Schuld das ist: Zuschauer oder Macher? Darf jeder für sich selbst beantworten.
IDEAL FÜR: Arthaus-Fans, die im Kino gern über den Sinn des Lebens nachdenken.