DIE STORY: „Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln“ beginnt nicht wie ein Märchen-, sondern wie ein Piratenfilm. Alice (Mia Wasikowska) ist nach ihrem ersten Besuch im Wunderland zur Seefahrerin geworden. Als Kapitänin steuert sie ihr Segelschiff durch die Felsklippen der Straße von Malakka, wo sie mit knapper Not dem Untergang und asiatischen Seeräubern entkommt.
Schnitt. Anlegen in London. Alice, vom schüchternen Mädchen zur jungen Frau von Welt gereift, kommt mit den Spießern, Raffzähnen und Intriganten in England nicht klar. Also verschwindet sie bei erster Gelegenheit hinter den titelgebenden Spiegeln und findet sich im Wunderland wieder.
Allerdings ist dort nichts wie früher. Vor allem der Verrückte Hutmacher (Johnny Depp) hat sich völlig verändert: Er ist doppelt so verrückt, aber nur noch halb so lustig. Denn ihn quälen Ereignisse aus der Vergangenheit, die ihn um das Schicksal seiner Familie fürchten lassen.
Was tun? Alice will eine Zeitreise zurück antreten, um jene Ereignisse, die den Hutmacher belasten, zu verhindern. Deshalb stibitzt sie einer neuen Filmfigur, der Zeit (Sacha Baron Cohen ist eine Uhr im Menschengewand – oder umgekehrt?), die Chronosphäre. Das ist eine wundersame Apparatur, die Zeitsprünge ermöglicht.
Freilich jagt bald das halbe Wunderland hinter Alice her. Doch die geht unbeirrbar ihrer Wege, um den Verrückten Hutmacher von seiner Traurigkeit zu befreien.
DIE STARS: Die Australierin Mia Wasikowska wurde 2010 durch die Titelrolle in „Alice im Wunderland“ zum Star. Keine Frage also, dass sie auch in der Fortsetzung wieder ins Alice-Kostüm schlüpft.
Um sie herum versammelt sich mit Johnny Depp, Helena Bonham Carter, Anne Hathaway und vielen anderen das komplette Personal der ersten Films. Wichtigster Neuzugang ist Sacha Baron Cohen in der Rolle der Zeit: Der „Borat“-Star beweist, dass er auch in Familienfilmen glänzen kann.
Im englischen Original ist noch einmal der verstorbene Alan Rickman zu hören. Er spricht – dies war seine letzte Film-Arbeit – die Rolle der Raupe Absolem.
Regie-Magier Tim Burton hat sich diesmal auf den Produzenten-Sessel zurückgezogen. Er übergab die Inszenierung an James Bobin („Die Muppets“).
DIE KRITIK: „Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln“ hat mit dem Roman von Lewis Carroll die Tatsache gemein, dass die Titelheldin diesmal durch einen Spiegel ins Wunderland eintritt. Ansonsten nahm sich Drehbuch-Autorin Linda Woolverton viele Freiheiten, mit den bekannten Figuren neue Abenteuer zu erfinden.
Das Resultat ist ein Film, der einen optisch immer wieder staunen lässt, während die nicht sonderlich fesselnde Geschichte so nebenher dahinplätschert. Der Plot orientiert sich definitiv mehr an den Sehgewohnheiten des Kinopublikums von heute als an der Poesie des „Wunderland“-Dichters Lewis Carroll aus dem 19. Jahrhundert.
Das Werk ist eine Art Fantasy-Actionfilm: Durch die Piraten-Szene zu Beginn nimmt das Märchen von der ersten Sekunde an volles Tempo auf. Ins Wunderland zurückkehrt, kämpft sich Alice dann durch eine farbenprächtige Welt, deren Zauber eher in den Kulissen entsteht als in den oberflächlichen, manchmal auch schmalzigen Dialogen.
Der erste Teil des Abenteuers konzentriert sich auf das Duell Mia Wasikowska gegen Sacha Baron Cohen – Alice gegen die Figur der Zeit. Die Titelheldin dringt wie eine versierte Trickdiebin ins Reich der Zeit ein, um dort die Chronosphäre zu klauen.
Dieser Coup ist spannend, und spannend geht es auch weiter, denn natürlich will Sacha Baron Cohen die Chronosphäre zurückhaben. Mit seinen Hilfstruppen – Maschinensoldaten, die eher an die Transformers erinnern als an Wesen aus der Märchenwelt – hetzt er Alice hinterher.
Die Zeitreisen selbst sind ebenfalls wilde Expeditionen. Regisseur James Bobin, der die Computer-Trickmaschine auf Hochtouren rasen lässt, schickt Alice stets durch einen sturmgepeitschten Ozean oder durch andere Hindernisse, wenn sie von der Gegenwart in die Vergangenheit will oder wieder zurück.
Visuell beschert „Hinter den Spiegeln“ den Zuschauern also ganz großes Kino. Regisseur Bobin ließ auch der Fantasie der Ausstatter freien Lauf. Man bewegt sich in einer kunterbunten Märchenwelt, die wahrlich ein Wunderland ist. Mit Landschaften und Zauberwesen zum Staunen.
Mia Wasikowska legt die Alice als entschlossene Abenteurerin an. Johnny Depp darf als Verrückter Hutmacher in vielen Schattierungen den (traurigen) Kasper geben. Bei den Damen des Hofes hat Helena Bonham Carter als wütende Rote Königin den stärkeren Part als Anne Hathaway, die als Weiße Königin sanften Charme und versteckte Verschlagenheit ausstrahlen muss. Sacha Baron Cohen schließlich ist als Zeit ein Maschinenmensch mit starker Ausstrahlung.
So ist im Grunde vieles gelungen am neuen „Alice“-Blockbuster – wäre da nicht die Story, die einen immer wieder über ihre vielen Handlungsstränge stolpern lässt. Doch egal. Da man stets weiß, wie Gut und Böse verteilt sind, kann man sich komplett auf die Action einlassen. Und die schleudert einen wie eine Fantasy-Achterbahn durchs Märchenland.
Fazit: Wenn man über die Hintergründe der Geschichte nicht allzu viel nachdenkt, ist „Hinter den Spiegeln“ ein Spaß für die ganze Familie.
IDEAL FÜR: Fantasy-Fans im Allgemeinen und für die Freunde des ersten „Alice“-Films im Besonderen.