DIE STORY: „Hell Or High Water“ ist ein für vier Oscars nominierter Thriller, der im Gewand eines modernen Westerns daherkommt.
Der Plot: Die Brüder Tanner und Toby Howard (Ben Foster und Chris Pine) erben nach dem Tod ihrer Mutter die mit Hypotheken belastete Farm der Familie. Sie können die Hypothek nicht zurückzahlen, und die Bank hat auch gar kein Interesse daran.
Denn alle wissen, dass unter dem Farmland Öl gefunden wurde. Die Bank spekuliert darauf, dass sie die Brüder enteignen kann, wenn der Kredit fällig wird.
Doch Tanner und Toby wollen ihr Land und das, was darunter liegt, behalten. Also beginnen sie mit kleinen Überfällen auf Filialen jener Bank, bei der sie verschuldet sind. Sie wollen exakt die Summe erbeuten, die zur Bedienung der Hypothek notwendig ist.
Der Plan scheint zunächst aufzugehen. Doch dann bekommt der Texas Ranger Marcus Hamilton (Jeff Bridges) Wind von den ungewöhnlichen Raubzügen. Er tippt sofort darauf, dass hier keine Profi-Gangster am Werk sind. Und als er erkennt, wer da aus welchen Gründen kriminelle Akte setzt, hat er sogar Verständnis für die Brüder. Aber er ist ein Ranger vom alten Schlag. Sein Jagdinstinkt erwacht. Er will Tanner und Toby zur Strecke bringen.
DIE STARS: Jeff Bridges, der Held so unterschiedlicher Film-Hits wie „The Big Lebowski“ oder „Die fabelhaften Baker Boys“, erhielt für seine Rolle in „Hell Or High Water“ eine Oscar-Nominierung.
Chris Pine, der in den letzten Jahren vor allem als Captain Kirk in den „Star Trek“-Kinofilmen sowie als Titelheld im Agententhriller „Jack Ryan – Shadow Recruit“ hervortrat, zeigt in „Hell Or High Water“ seine raue Seite. Dies gilt auch für Ben Foster („Ran an die Braut“), der zuletzt mit Tom Hanks in „Inferno“ zu sehen war.
DIE KRITIK: In Bertolt Brechts „Dreigroschenoper“ gibt es den unvergesslichen Satz „Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ An einem Film wie „Hell Or High Water“ (der Titel bedeutet in etwa „Komme was wolle“) hätte Brecht vermutlich große Freude. Denn der Thriller um eine Bank, die eine Familie – juristisch völlig korrekt! – um ihr Erbe bringen möchte, wirkt wie ein Schulbeispiel für die Bedeutung seines Satzes.
In einer Welt, in der nicht die Profitgier regiert, könnte die Bank den Howard-Brüdern den Kredit verlängern und die Summe erst dann zurückfordern, wenn deren Einnahmen aus dem Ölverkauf zu sprudeln beginnen. Doch der Film spielt nicht in so einer Welt. Die Bank will die Farm der Brüder. Und das Geld dazu.
Dass die Männer, die sich von der Bank bestohlen fühlen, dann selbst zu Dieben werden, lässt sich fast als Akt der Notwehr interpretieren. Doch Tanner und Toby müssen bald feststellen, dass sie auch mit der Knarre in der Hand auf der Verliererseite stehen. Die Bank ist stärker. Ihre Manager sind nicht von der Verhaftung bedroht. Die Brüder schon.
Der schottische Regisseur David Mackenzie macht aus dem zynischen Plot einen spannungsgeladenen Western von heute. Die Kulissen, die Überfälle, der Showdown und die harten Jungs, die lieber ihre Fäuste sprechen lassen als die Waffen - all das ist aufgebaut in archaischer Western-Manier. Nur dass die Protagonisten mit dem Auto unterwegs sind und nicht mit dem Pferd.
Manchmal ist die Story (meisterlich geschrieben von Taylor Sheridan) reich an schwarzem Humor. Etwa dann, wenn man als Zuschauer draufkommt, warum die Brüder ihre Überfälle am liebsten so früh am Morgen durchführen, dass sie die ersten Kunden in der Bank sind. Kommen sie später in eine gut besuchte Filiale, kann das in einem Staat wie Texas nämlich ziemlich gefährlich werden. Weil nicht nur die Räuber Revolver tragen, sondern die meisten Kunden auch.
Meistens geht’s aber ernst zur Sache, und der Film hat prächtige Stars dafür. Egal, ob Chris Pine (der sanfte Täter), Ben Foster (der Vulkan) oder Jeff Bridges (der ultracoole Ermittler): Die Männer sind im Grunde wesensverwandt, mit einem butterweichen Herzen unter der knochenharten Schale. Doch von ihren Gefühlen lassen sie sich nie daran hindern, das zu tun, was ein Mann tun muss.
So wuchtet sich der brillante Film einem gnadenlosen Finale entgegen, das wieder nach Art der Western gestrickt ist. „Hell Or High Water“ ist einer der besten Filme des Jahres; ein Thriller über Menschen, die unmoralisch handeln und doch moralisch fühlen. Das gilt für fast alle Protagonisten. Nur für die Banker, für die gilt es nicht.
IDEAL FÜR: Thriller-Fans und Western-Fans, die harte, realistische Stoffe mögen.