DIE STORY: „Heidi“ ist ein großer Familienfilm, dem etwas Erstaunliches gelingt: Er holt aus den mehr als 130 Jahre alten Kindergeschichten von Johanna Spyri, die unzählige Male verfilmt oder anderwärtig neu erzählt wurden, ein frisches, packendes und mitreißendes Drama heraus, das uns auch in der Gegenwart viel zu erzählen hat.
Die Geschichte ist bekannt. Die kleine Heidi (Anuk Steffen) kommt als Waisenmädchen zu ihrem knorrigen Einsiedler-Opa, dem Almöhi (Bruno Ganz). Nachdem sie seine abweisende Art durchbrochen und seine Zuneigung gewonnen hat, genießt sie ihr einfaches Dasein in den Schweizer Bergen. Wozu auch ihr bester Freund, der Geissenpeter (Quirin Agrippi) beiträgt.
Doch eines Tages wird Heidi von ihrer Tante Dete nach Frankfurt verfrachtet, ins Haus des reichen Herrn Sesemann. Der sucht für seine gelähmte Tochter Klara (Isabelle Ottmann) eine Gefährtin. Heidi gewöhnt sich an das Großstadtleben und freundet sich mit Klara an. Aber irgendwann wird die Sehnsucht nach den Bergen in ihr übermächtig...
DIE STARS: Mit der Schweizerin Anuk Steffen, die beim Dreh erst neun Jahre alt war, haben die Filmemacher ein Naturtalent voller Temperament und Charme für die Titelrolle der Heidi gefunden.
In den Parts der Erwachsenen ist gediegene Qualität versammelt. Bruno Ganz, der berühmteste Schauspieler der Schweiz, interpretiert den Almöhi mit großem Einsatz, als wär’s ein Part von Shakespeare. Stars wie Hannelore Hoger (Großmutter Sesemann), Maxim Mehmet (Herr Sesemann), Peter Lohmeyer (Sebastian) oder Katharina Schüttler (Fräulein Rottenmeier) stehen ihm nicht nach.
Der Schweizer Regisseur Alain Gsponer bewies schon mit dem Hit „Das kleine Gespenst“, dass er ein gutes Händchen für die Verfilmung von Kindergeschichten hat.
DIE KRITIK: Als erwachsener Mann zählt man nicht unbedingt zur Zielgruppe von einem Film wie „Heidi“. Da kann man den Kinobesuch schon mal als Pflichtprogramm auffassen. Sei es, dass man Kinder in die Vorstellung begleitet – oder dass man Filmjournalist ist. Wenn man so einen Film dann, wie es mir erging, geschüttelt und gerührt wieder verlässt, kann man vor dem Ensemble und dem Leading Team nur den Hut ziehen. Chapeau!
Die hohe Qualität dieser neuen Schweizer „Heidi“-Produktion könnte daran liegen, dass alle Beteiligten mit großem Ernst an die Sache gingen, doch zugleich einen leichten Ton für den Film fanden. Dass sie sich nicht damit begnügten, einen ewigen Bestseller routiniert abzufilmen, sondern nach aktuellen Bezügen suchten.
Diese aktuellen Bezüge treten klar hervor. Zwar ist „Heidi“ ein Kostümfilm, der im 19. Jahrhundert spielt. Aber was das Werk über Heimat und Fremdsein zu erzählen hat, über Jugend und Freundschaft, über Trennungen, Solidarität und Vertrauen, das packt einen ganz direkt.
Die druckvolle Art, die alte Geschichte neu zu interpretieren, ist die erste Stärke von „Heidi“. Die zweite: Man merkt bei jeder Einstellung, wie viel Sorgfalt hinter den (schönen) Bildern steckt. Die Sets sind gediegen, die Kostüme ebenso, und die Atmosphäre des 19. Jahrhunderts wurde akkurat getroffen. Die Härte des Lebens in den Schweizer Bergen und in den Dörfern jener Zeit wird genauso spürbar wie der Luxus in den Villenvierteln von Frankfurt.
Wenn man dann noch so ein prächtiges Ensemble zur Verfügung hat wie in diesem Film, kann nichts mehr schiefgehen. Regisseur Alain Gsponer kanalisiert behutrsam das Temperament von Anuk Steffen und Quirin Agrippi – und lässt den Darstellern von Heidi und Geissenpeter doch freien Lauf. Die junge Isabelle Ottmann zeigt als Klara, dass man auch im Rollstuhl bewegend und beweglich agieren kann. Und die Erwachsenen – voran Bruno Ganz und Hannelore Hoger – holen aus ihren Rollen mit vollendeter Schauspielkunst tausend feine Facetten heraus.
Das Resultat: Diese neue „Heidi“ ist ein mitreißender Kinder- und Jugendfilm, in dem sich kein Erwachsener langweilen wird.
IDEAL FÜR: „Heidi“-Fans und „Heidi“-Entdecker.