Grüsse aus Fukushima

Japan oder Die Suche nach sich selbst


FilmClicks:
„Grüße aus Fukushima“: Marie (Rosalie Thomass) und Satomi (Kaori Momoi) © Filmladen
DIE STORY:  „Grüße aus Fukushima“ ist schon der vierte Film von Deutschlands Star-Regisseurin Doris Dörrie, der einen starken Bezug zu Japan hat.
Die Story rankt sich um eine junge Deutsche namens Marie (Rosalie Thomass), die in Japan den Leidtragenden der Reaktor-Katastrophe von Fukushima helfen möchte. Als Komödiantin einer Clowns-Truppe will sie Menschen, die wegen der Strahlung ihre Heimatdörfer verlassen mussten, unterhalten.
Allerdings stoßen Maries Späße bei den Japanern auf wenig Widerhall. Sie findet erst dann einen Bezug zum Land und seinen Menschen, als sie einer knorrigen und knurrigen Einzelgängerin begegnet. Satomi (Kaori Momoi) war einst die letzte Geisha von Fukushima.  
 
Fremde Welt: Marie (Rosalie Thomass) nach der Ankunft in Japan © Filmladen

DIE STARS:
Doris Dörrie, die 1976 ihre Regie-Karriere begann, gehört spätestens seit ihrem Komödien-Superhit „Männer“ (1985) zu den Spitzenkräften der deutschen Filmszene. Ihr Japan-Drama „Kirschblüten – Hanami“ mit Elmar Wepper wurde 2008 mit 1,08 Millionen Besuchern ein großer Kino-Erfolg.  „Grüße aus Fukushima“ wird wohl weniger Zuschauer ins Kino locken als „Kirschblüten“, ist aber bedeutend interessanter.
Die 28-jährige Hauptdarstellerin Rosalie Thomass zählt zu den meistbeschäftigten Schauspielerinnen im deutschen Fernsehen. Im Kino begeisterte die Münchnerin 2012 in der Tragikomödie „Das Leben ist nichts für Feiglinge“.
Kaori Momoi, die Darstellerin der Satomi, hat in ihrer langen Karriere mehr als 60 Filme gedreht -  unter anderem mit berühmten Regisseuren wie Akira Kurosawa, Alexander Sokurov und Ron Marshall.

Marie und Satomi im vom Erdbeben ramponierten Haus der Japanerin © Filmladen

DIE KRITIK: „Grüße aus Fukushima“ beginnt wie eine Groteske. In der ersten, absurd überhöhten Szene sieht man Marie (Rosalie Thomass), im vollen Hochzeits-Ornat heulend durch Wald und Wiesen laufen. Offenbar hat sie vor dem Traualtar die Panik bekommen. Die Ehe ist  im Eimer. Und Maries Lebensplanung auch.
Auf der Suche nach dem Sinn reist (oder flüchtet?) Marie bis nach Japan. Um dort festzustellen, dass ihr Typ nicht wirklich gefragt ist. Die Frau, die sich mit eindrucksvoller Konsequenz gern selbst fertigmacht, steht einmal mehr vor den Trümmern ihrer Existenz. Diesmal allerdings 10.000 Kilometer entfernt von daheim.
Doch dann knüpft Marie Kontakt zur Ex-Geisha Satomi (Kaori Momoi) Die eigenwillige Dame will zurück in ihr altes Haus, obwohl es in der Strahlungs-Sperrzone liegt. Marie überwindet ihre Strahlenangst und sie überwindet auch die abweisende Art der Japanerin. Gemeinsam machen sie aus der Ruine ein notdürftig bewohnbares Haus. Ohne Wasser, ohne Strom. Aber voller zwischenmenschlicher Brückenschläge. Denn auch Satomi hat in ihrer Seele viele Probleme versenkt, die nach außen drängen.
„Grüße aus Fukushima“ ist in hartem, kontrastreichem Schwarz-Weiß gehalten, das dem Film eine ungemein attraktive optische Aura verleiht. Hart sind auch die Bilder aus Fukushima,  die wie eine Dokumentation offenlegen, was für eine Katastrophe die Natur (durch das Erdbeben) und der Mensch (durch die Atomkraft) dort angerichtet haben.
Voll melancholischer Komik sind hingegen die Trauriger-Clown-Passagen, die Marie bei der ernsten Arbeit des Komödiantentums  zeigen. Und draußen in der Einöde, in der improvisierten Zweier-WG von Marie und Satomi, wird der Film übersinnlich. 
Denn in der schwarzen Dunkelheit der Nacht werden die Frauen von den inneren Dämonen ihres Lebens heimgesucht, die der Film als äußere Dämonen hörbar und sichtbar macht. Wenn die Kamera mit der verschreckten Marie dann den Blick nach außen wagt, huschen Gestalten über die Leinwand, als wäre hier eine professionelle Variante des „Blair Witch Project“ gedreht worden.
Die beiden Frauen finden in  dieser verwunschenen Welt ganz langsam zueinander  - und sie finden wieder zu sich selbst. So endet „Grüße aus Fukushima“ als spirituelles, weises Kinostück, aus dem die bösen Geister durch die Kraft des Innehaltens, des Zuhörens und des Reflektierens vertrieben werden.

IDEAL FÜR: alle, die Lust auf einen ungewöhnlichen und zugleich herausragenden Film von Doris Dörrie haben.






Trailer
LÄNGE: 108 min
PRODUKTION: Deutschland / Japan 2016
KINOSTART Ö: 01.04.2016
REGIE:  Doris Dörrie
GENRE: Drama
ALTERSFREIGABE: ab 16


BESETZUNG
Rosalie Thomass: Marie
Kaori Momoi: Satomi