GESAMTEINDRUCK: Der Thriller „Greta“ sei ein „B-Movie mit einer A-Liste-Besetzung“, schrieb ein US-Kritiker. Besser kann man es nicht ausdrücken.
DIE STORY: Die junge New Yorker Kellnerin Frances (Chloe Grace Moretz) findet in der U-Bahn eine Handtasche. Anstatt sie zu behalten, sucht sie die Besitzerin der Tasche auf, eine Klavierlehrerin namens Greta (Isabelle Huppert), und gibt das wertvolle Stück zurück. Greta erzählt, dass sie ihre Tochter vermisse, die in Paris Musik studiere – und sie entwickelt eine sehr fürsorgliche Beziehung zur ehrlichen Finderin. Frances fühlt sich geschmeichelt und lässt sich auf die Bemutterung ein. Allerdings erkennt sie schon bald, dass sie das besser hätte bleibenlassen sollen.
DIE STARS: Mit Isabelle Huppert, Frankreichs Filmdiva No. 1, und mit Chloe Grace Moretz, einem Star der US-Nachwuchs-Liga, bietet „Greta“ ein exzellentes Gespann auf. Der irische Regisseur Neil Jordan ist berühmt für Polit-Dramen wie „Michael Collins“ und gewann 1992 mit „The Crying Game“ einen Oscar.
DIE KRITIK: Von der Besetzung her ist „Greta“ ein Thriller, der so richtig Lust auf einen Kino-Abend macht. Die große Isabelle Huppert läuft oft zur Höchstform auf, wenn sie Frauen mit tiefen Abgründen porträtiert. Chloe Grace Moretz wiederum bewies in
„Die Wolken von Sils Maria“ als Gegenspielerin von Juliette Binoche, dass sie die Souveränität reifer Frauen mit jugendlicher Frechheit parieren kann.
Zu Beginn funktioniert in „Greta“ auch alles sehr gut. Von dem Moment an, in dem Moretz als Frances die einsame Handtasche entdeckt, ist klar, dass der Fund in ein Drama münden wird.
Regisseur Neil Jordan verstärkt diesen Eindruck dann allein schon durch das dämmerige Ambiente, in dem er Greta/Isabelle Huppert hausen lässt. Und wenn die Ältere beginnt, die Jüngere im Sinne des Wortes einzukochen, dann möchte man der entzückenden Frances zurufen: Vorsicht! Pass auf!
Doch Frances passt nicht auf. Sie hat vor kurzer Zeit ihre Mutter verloren und sie genießt es, sich seelisch an eine mütterliche Frau schmiegen zu können. Als Greta es dann aber übertreibt und in jedem unpassenden Moment auf der Matte steht, ist es für Frances längst zu spät, sich ihren Fängen zu entwinden.
Diese Erkenntnis gehört noch zum Plot des Thrillers. Das kann man verraten, ohne etwas zu spoilern. Doch dann wartet man auf Hinweise, was die Titelfigur Greta wohl zu ihren sinistren Taten motiviert. Und man wartet. Und wartet. Aber da kommt nix.
„Greta“, dämmert einem schließlich, ist ein Film, der komplett in Äußerlichkeiten steckenbleibt. Zwar komponiert Regisseur Neil Jordan raue Szenen, die im Laufe des Geschehens immer schlimmer werden. Aber das Drama mutiert zum Psycho-Thriller ohne Psycho. Das Innenleben der Titelheldin (oder besser: Titelschurkin) bleibt verborgen. Vielleicht ist auch gar nicht so viel Innenleben da, sondern nur die Lust an der bösen Tat.
Als Zuschauer kann man sich jedenfalls, wenn das Licht wieder angeht, verschaukelt vorkommen: Isabelle Huppert und Chloe Grace Moretz haben mit vollem Atem einen dunkel schillernden Thriller-Luftballon aufgeblasen. Und wenn der platzt, dann ist der Film vorbei.
IDEAL FÜR: Thriller-Fans, die die erstklassigen Hauptdarstellerinnen auch in einem zweitklassigen Film erleben wollen.