Glücklich wie Lazzaro

Zwischen Realismus und purer Magie


FilmClicks:
Ein reiner Tor, der niemandem etwas Schlechtes will: Adriano Tardiolo als Lazzaro © Filmladen
GESAMTEINDRUCK: „Glücklich wie Lazarro“ ist ein poetisches Arthaus-Märchen und zugleich eine brutale Sozial-Studie über das Leben von armen Menschen in Italien.
 
DIE STORY: Lazzaro (Adriano Tardiolo) lebt als Knecht auf einem italienischen Bauernhof. Der sehr empfindsame und bescheidene junge Mann wird von allen nur ausgenutzt. Wenn es um die schweren Arbeiten geht, wird immer er gerufen. In einem seiner freien Momente verunglückt Lazzaro und wacht viele Jahre später wieder auf. Die Arbeiter sind vom Hof längst verschwunden. Lazzaro, für den die Zeit stehengeblieben scheint, macht sich auf die Suche nach seiner Familie. Und er findet sie an einem Ort in einer Stadt, an den die Ärmsten der Armen abgeschoben werden.

Fronarbeit ohne Lohn: Lazzaro (Adriano Tardiolo, re.)bei der Tabak-Ernte © Filmladen

DIE STARS: Die italienische Autorin und Regisseurin Alice Rohrwacher gewann mit „Glücklich wie Lazzaro“ im Mai 2018 beim Festival Cannes den Preis für das beste Drehbuch. Der Film wurde seither zum Festival-Hit und eröffnete am 25. Oktober die Viennale 2018.
Alba Rohrwacher, die ältere Schwester von Alice Rohrwacher, zählt zu den führenden Arthaus-Schauspielerinnen Italiens. Aktuell ist sie auch in Markus Schleinzers „Angelo“ zu sehen.
Der 20-jährige Adriano Tardiolo gibt als Lazzaro sein Leinwand-Debüt. Wie er hier in seiner ersten Rolle den ganzen Film trägt, als reiner Tor, der niemandem etwas Schlechtes will, das ist hinreißend.

Mystische Begegnung: Adriano Tardiolo mit Alba Rohrwacher © Filmladen

DIE KRITIK: „Glücklich wie Lazzaro“ beruht auf einem Fall, der sich 1982 in Italien zugetragen hat. Da wurde auf einem ländlichen Gut eine Gruppe von Arbeitern entdeckt, die faktisch noch in Leibeigenschaft lebten und für ihre Arbeit keinerlei Entlohnung erhielten.
Die Filmemacherin Alice Rohrwacher war von dieser Geschichte so beeindruckt, dass sie daran anknüpfend einen Film gemacht hat. In jenen Passagen, in denen „Glücklich wie Lazzaro“ ein realistisches Sozialdrama ist, geht es ihr darum, zu zeigen, wie der Mensch den Menschen ausbeutet – in der Vergangenheit und, ohne Rücksicht auf Verluste, auch heute noch.
Aber „Glücklich wie Lazzaro“ ist nicht nur ein Sozialdrama, sondern auch ein mystisch angehauchtes Märchen. Lazzaro, der der biblischen Lazarus-Figur nachempfunden ist, steht im Mittelpunkt.
Ob dieser junge Mann nun ein besonders leidensfähiger Mensch ist oder doch ein Engel, der auf die Erde geschickt wurde, um uns Menschen zu zeigen, wie schlecht wir hier miteinander umgehen, das lässt Alice Rohwacher zum Glück offen. So kann ihr märchenhaftes Drama in aller Ruhe - und ohne zu viele Erklärungen - seine Wirkung entfalten. 
Blockbuster-Fans wird „Glücklich wie Lazzaro“ sicher nicht entzücken. Dafür ist der Film einfach zu ruhig erzählt. Aber wer sich auf den Atem dieses ungewöhnlichen Dramas einlässt, wird mit fabelhaftem Kino und einem überragenden Hauptdarsteller belohnt.

IDEAL FÜR: Filmfreunde, die im Kino das Besondere mit einem Hauch Magie mögen.
 






Trailer
LÄNGE: 128 min
PRODUKTION: Italien 2018
KINOSTART Ö: 01.11.2018
REGIE:  Alice Rohrwacher
GENRE: Drama
ALTERSFREIGABE: ab 8


BESETZUNG
Adriano Tardiolo: Lazzaro
Nicoletta Braschi: Marchesa Alfonsina De Luna
Alba Rohrwacher: Antonia
Sergi López: Ultimo

Interview
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