Girl On The Train

Ein Thriller wie ein Bummelzug


FilmClicks:
„Girl On The Train“: Emily Blunt spielt die Titelrolle der schwer verstörten Rachel © Constantin
DIE STORY: „Girl on the Train“ ist die Verfilmung des gleichnamigen Thriller-Bestsellers von Paula Hawkins, der weltweit bisher elf Millionen Mal verkauft wurde.
Rachel (Emily Blunt) ist das „Girl on the Train“: eine Frau in den Dreißigern, die die Trennung von ihrem Mann Tom (Justin Theroux) nicht verwinden kann. Wie eine Stalkerin belästigt sie die Familie ihres Ex, der mit seiner neuen Partnerin Anna (Rebecca Ferguson) ein Baby hat. Den Job in New York hat Rachel wegen ihrer Alkoholsucht verloren. Doch täglich  setzt sie sich in den Lokalzug, um von der Vorstadt nach Manhattan zu pendeln.
Während ihrer Fahrten wartet Rachel stets auf den Moment, wenn der Zug ein Landhaus passiert, in dem ein attraktives junges Paar wohnt. Die beiden, Scott (Luke Evans) und Megan (Haley Bennett) erscheinen Rachel wie der Inbegriff einer strahlenden, reinen Liebe.
Eines Tages sieht Rachel, wie Megan auf der Terrasse des Hauses einen fremden Mann küsst. Sie beschließt, Megan daheim aufzusuchen und zur Rede zu stellen. Dazu allerdings kommt es nicht.
Rachel, die erst noch ein paar doppelte Drinks nimmt, erleidet ein Blackout. Ohne Erinnerung, aber mit blauen Flecken am ganzen Körper wacht sie am nächsten Morgen in ihrem Apartment auf. Und sie erfährt, dass Megan in dieser Nacht spurlos verschwunden ist.
Wurde die Blondine ermordet? Hat die ramponierte Rachel etwas mit Megans Verschwinden zu tun?  Nicht nur die Polizistin Riley (Allison Janney) will wissen, was los war. Auch Rachel selbst beginnt, zu recherchieren. Wobei sie sich immer tiefer in den mysteriösen Fall verstrickt.   

 
Rachels Ex-Mann Tom (Justin Theroux) mit seiner neuen Frau Anna (Rebecca Ferguson) © Constantin

DIE STARS: Die Engländerin Emily Blunt zählt derzeit zu den gefragtesten Stars in Hollywood. Kein Wunder bei einem Repertoire, das vom Musical („Into The Woods“) bis zu beinharten Thrillern („Sicario“) reicht.
Haley Bennett (Megan) ist momentan im Kino auch im Western „Die glorreichen Sieben“ zu sehen. Rebecca Ferguson (Anna) war die geheimnisvolle Agentin, die Tom Cruise in „Mission: Impossible – Rogue Nation“ durch die Action-Szenen in der Wiener Staatsoper begleitete.
Justin Theroux (Tom), Neffe des Schriftstellers Paul Theroux und Ehemann von Jennifer Aniston, ist nicht nur Schauspieler, sondern auch Drehbuchautor („Iron Man 2“). Luke Evans (Scott) spielte in der „Hobbit“-Trilogie die Rolle des Bard.

Ein scheinbar ideales Paar: Scott (Luke Evans) und Megan (Haley Bennett) © Constantin

DIE KRITIK: Als Lektüre ist „Girl on the Train“ ein Erlebnis. Paula Hawkins schrieb einen packenden Thriller der Geheimnisse, Rätsel und Obsessionen, der es einem schwer macht, das Buch aus der Hand zu legen.
Die Verfilmung ist leider nur ein müder Abklatsch des Romans geworden. Statt Hochspannung schleicht sich bald Langeweile ein.
„Girl on the Train“ ist kein Kino-Express, sondern ein filmischer Bummelzug, der mal wackelnd dahinrattert, mal unvermittelt stehen bleibt und manchmal auch aufs falsche Gleis gerät. Wie bei einer ungemütlichen Zugfahrt ist man am Ende froh, wenn man das Vehikel verlassen kann.
Konkret: Regisseur Tate Taylor („The Help“) hat es nicht geschafft, der komplizierten Struktur des Buchs eine klare filmische Struktur zu geben. Die Story springt ständig dahin zwischen verschiedenen Zeitebenen und Blickwinkeln. In vielen Rückblenden wird man in die Vergangenheit geschleudert. Der Fokus richtet sich oft fort von der Protagonistin Rachel zu anderen Figuren, etwa zur burschikosen Megan, die hinter ihrem hübschen Köpfchen tiefe Abgründe verbirgt.
So wird man als Betrachter von diesem Krimi nicht mitgerissen, sondern man hat ständig damit zu tun, die Szenen zu sortieren und richtig einzuordnen. Erschwert wird das alles noch durch einen katastrophalen Casting-Fehler: Haley Bennett (Megan) und Rebecca Ferguson (Anna) spielen zwar höchst unterschiedliche Charaktere, aber sie wurden – beide blond, beide schön – so hergerichtet, als wären sie Schwestern. Was es vor allem zu Beginn des Films verdammt schwer macht,  die beiden auseinanderzuhalten.
Die vielen Kniffe und Wendungen der Story, die einen beim Lesen des Romans in Atem halten, büßen in diesem Kino-Kuddelmuddel viel von ihrer Wirksamkeit ein. Der Film  quält sich mühevoll dahin. Dass Regisseur Tate Taylor dem Geschehen auf der Leinwand einen bierernsten und oftmals schwülstigen Grundton verleiht, steigert das Filmvergnügen ebenfalls nicht.
Und, ja, der Kriminalfall um die verschwundene Megan bekommt am Schluss eine Auflösung, angesichts der man in einem guten Thriller vor Staunen mit den Ohren schlackern würde. Aber in dieser verkorksten Fassung von „Girl on the Train“ kann das Finale  den Film nicht mehr retten.  Da nützt auch das sehenswerte Spiel des hochkarätigen Ensembles nichts mehr.
 
IDEAL FÜR:  LeserInnen von „Girl on the Train“, die überprüfen wollen, was man im Kino dem Roman angetan hat.






Trailer
LÄNGE: 112 min
PRODUKTION: USA 2016
KINOSTART Ö: 26.10.2016
REGIE:  Tate Taylor
GENRE: Thriller
ALTERSFREIGABE: ab 14


BESETZUNG
Emily Blunt: Rachel
Haley Bennett: Megan
Rebecca Ferguson: Anna
Justin Theroux: Tom
Luke Evans: Scott
Edgar Ramirez: Dr. Kamal Abdic
Allison Janney: Detective Riley
Lisa Kudrow: Martha