Frances Ha
Ein Film, der sich wie Zuhause anfühlt
DIE STORY: Die Komödie „Frances Ha“ erstreckt sich zeitmäßig über ein Jahr und räumlich über fünf Wohnungen. Die junge Frances (Greta Gerwig) zieht einmal quer durch New York. Von Brooklyn bis nach Washington Heights. Nicht, weil sie das unbedingt will, sondern weil sich um sie herum alles verändert. Und das Leben an ihr vorbeizuziehen droht.
DIE STARS: Ganz klar: Greta Gerwig. Als wichtiges Gesicht der US-Independent-Szene reift die Dreißigjährige langsam, aber sicher zum Gesicht einer ganzen Generation heran. So wie sie wollen alle Um-Die-Dreißigjährigen sein. Ach wäre das toll.
KURZKRITIK: „Frances Ha“ ist ein Film, der sich so anfühlt, als würde man nach Hause kommen. Mit schwarz-weißen Bildern erinnert er an die Frühwerke von Woody Allen. Regisseur Noah Baumbach, der gemeinsam mit Greta Gerwig das Drehbuch schrieb, gelingt das Porträt einer Generation, die von den Medien schon abgeschrieben wurde. Der Film erzählt von der Angst, erwachsen zu werden, und gleichzeitig das Erwachsenwerden zu verpassen.„Frances Ha“ muss man einfach lieben. Etwas anderes bleibt einem gar nicht übrig.
IDEAL FÜR: Alle um die dreißig, die es mal waren oder werden wollen.
FilmClicks Kritik. Am Anfang von „Frances Ha“ steht ein ganz bescheidener Wunsch. Der Wunsch, die Welt zu erobern, Träume zu erfüllen und sie vor allem zu leben. Es sind die Träume von Frances (Greta Gerwig) und ihrer besten Freundin Sophie (Mickey Sumner). Sophie will die Verlagswelt erobern, Frances die Bretter, die die Welt bedeuten. Als Tänzerin. Aber es sind Träume, die zum Scheitern verurteilt sind. Zumindest vorerst. Denn Frances und Sophie, Mitte bis Ende 20, wohnen in New York und lassen sich durchs Leben treiben.
Job, Mann, Wohnung, alles ist noch im Findungsprozess. Das erste Problem: die Geschwindigkeiten der besten Freundinnen sind unterschiedlich. Während Sophie erste berufliche Erfolge zu verzeichnen hat und endlich in eine größere Wohnung ziehen kann, bleibt Frances allein in der gemeinsamen WG zurück. Es geht hier um jene Zeit im Leben, in der die beste Freundin nicht mehr Bezugspunkt Nummer Eins ist. Es ist die Zeit der Abschiede, der Trennungen, des Loslassens.
Für die Generation um die Dreißig ist neben der Freundschaft der Wohnraum der zweite große Bezugspunkt. Und auch den verliert Frances aus den Augen. Von Geldnöten geplagt, zieht sie innerhalb eines Jahres einmal quer durch New York: von Brooklyn über Tribeca bis nach Washington Heights – zwischendrin ist ihre Postadresse sogar mal eine der typischen New Yorker Storage Boxen.
Die Adressen der Wohnungen sind gleichzeitig auch die Kapitel des Films, der von seiner Hauptdarstellerin und dem Regisseur Noah Baumbach („Greenberg“, „Der Tintenfisch und der Wal“) gemeinsam geschrieben wurde und dank der nostalgisch angehauchten Musik und den elegischen Schwarz-Weiß-Bildern einen Vergleich mit dem jungen Woody Allen nicht scheuen muss.
Baumbach und Gerwig gelingt mit „Frances Ha“ das Porträt einer Generation, die von den Medien schon abgeschrieben wurde. Das Besondere daran: der Film erzählt mitten aus dieser Generation heraus und nicht von oben herab. Er erzählt von der Angst, erwachsen zu werden und gleichzeitig das Erwachsenwerden zu verpassen.
Denn während Frances unbeschwert durchs Leben tanzt, lässt sie sich von Fehltritten nicht aus der Bahn werfen. Auch wenn sie dem Leben eigentlich immer hinterher läuft: Auf der Bühne steht sie in der zweiten Reihe. Ihr Spontantrip nach Paris mit dem letzten Ersparten wird zum Jet-Lag-Desaster. Und der Bruch mit Sophie scheint endgültig.
Um ehrlich zu sein, geht einem Frances' Unbedarftheit – die sich zwischen herrlichem Slapstick und viel Gefühl bewegt – manchmal ein wenig auf die Nerven, doch nie so penetrant wie einst bei Sally Hawkins in „Happy Go Lucky“. Aber auch das Nervige und Naive muss man Frances verzeihen. Am Ende des Films ist sie nämlich auch für uns zu einer Freundin geworden. Und echte Freunde nerven manchmal eben. Warum sollte das auf der Leinwand anders sein?