GESAMTEINDRUCK: Das verschachtelt erzählte Antikriegsdrama „Foxtrot“ aus Israel lässt den Zuschauer nicht kalt. Die Geschichte um Trauer und Schuld kommt mit der Wucht einer griechischen Tragödie daher.
DIE STORY: „Foxtrot“ erzählt vom jungen Soldaten Jonathan, der Dienst tut an einem israelischen Posten mitten im Nirgendwo. Aus Versehen wird seinen Eltern mitgeteilt, dass ihr Sohn im Einsatz gestorben sei. Die Eltern sind außer sich und wollen, dass der Leichnam sofort überstellt wird. Als herauskommt, dass ihr Sohn doch am Leben ist, fordert der Vater, dass sein Sohn unverzüglich nach Hause kommen soll. Damit jedoch beschwört er eine Katastrophe herauf.
DIE STARS: In Israel ist Lior Ashkenazi ein Star. Hier spielt er den zutiefst verletzten Vater großartig. Nicht weniger toll sind Sarah Adler als seine Gattin und Yonathan Shiray (der 2015 in Nathalie Portmans „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ debütierte) als ihr Sohn Jonathan.
DIE KRITIK: Der Foxtrot ist hierzulande – mit einem t mehr – als Gesellschaftstanz etabliert. In Israel, dem im Dauerkonflikt lebenden Land, scheint das anders zu sein. Zum einen kennt man den Tanz dort kaum. Zum anderen wird der Begriff eher in der Militärsprache verwendet.
Zum Beispiel für die kleine Einheit von Soldaten, die in „Foxtrot“ an einem entlegenen Posten eine Straße sichern muss. Hin und wieder mal ein Auto, das kontrolliert wird. Ansonsten hebt sich die Schranke regelmäßig für das dort lebende Kamel.
An diesem Ort versieht Jonathan Feldmann seinen Militärdienst. Er schiebt mit drei Kollegen eine eher ruhige Kugel. Zeichnet viel im Comic-Stil und erzählt, wie der Vater beinahe die kostbare Familienbibel versetzte. Es ist nicht davon auszugehen, dass Jonathan dort jemals etwas passieren könnte.
Die Eltern von Jonathan sind entsetzt, als ihnen eines Tages mitgeteilt wird, dass ihr Sohn umgekommen ist. Die Mutter Daphna (Sarah Adler) kollabiert. Den Vater Michael (Lior Ashkenazi) zerreißt es innerlich wie äußerlich. Er muss nun alle Formalitäten regeln. Obwohl er erst einmal trauern möchte, verlangt der Staat, Jonathan am nächsten Tag zu bestatten. Mitten hinein in diese Vorbereitungen platzt eine Nachricht, die alles anders erscheinen lässt.
Der israelische Regisseur Samuel Maoz hat schon 2009 bewiesen, dass er ein radikaler Filmemacher ist. Im klaustrophobischen Drama „Lebanon“ zeigte er damals schonungslos, welche Hölle innerhalb eines Panzers herrschen kann, Dafür bekam er völlig zurecht den Goldenen Löwen bei den Filmfestspielen von Venedig.
Ähnlich intensiv ist auch sein „Foxtrot“ geworden, für den er 2017 in Venedig mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet wurde. Maoz erzählt in drei Kapiteln von der Trauer und dem Wahnsinn des nicht enden wollenden Kriegs im Nahen Osten. Jedes Mal geschieht etwas, das der ganzen Geschichte eine völlig neue Richtung gibt. Zwischendrin wird mal hemmungslos gelacht oder mitten in der Steppe getanzt. Und dann herrscht wieder Schwermut, die einem das Herz zusammenschnürt. Wenn es denn etwas helfen würde, dann sollten sich alle Politiker in der Region diesen herausragenden Film anschauen, um vor Augen geführt zu bekommen, welches Leid sie in Familien anrichten.
IDEAL FÜR: Arthaus-Kinogänger, die sich im Kino gern emotional durchrütteln lassen.