GESAMTEINDRUCK: Dokumentarfilmer Michael Moore widmet sich in „Fahrenheit 11/9“ mit viel schwarzem Humor dem Thema, wie es Donald Trump schaffte, US-Präsident zu werden – und wie man ihn wieder loswerden könnte.
DIE STORY: Am Anfang stehen die vielen Prophezeiungen, ein polternder Berserker wie Donald Trump habe nie und nimmer die Chance, US-Präsident zu werden. Wenig später gewinnt er dann doch. Am 9. 11. 2016 (der Filmtitel „Fahrenheit 11/9“ bezieht sich auf dieses Datum) wird der Wahlsieg des Tycoons bekanntgegeben. Und die ganze Welt fragt sich, „how the f… could this happen“ (Originalton Michael Moore). Doku-Schwergewicht Moore begibt sich in seinem Film auf eine große Reise durch die USA und die internationalen Video-Archive, um das Phänomen Trump zu erklären – und zum Widerstand aufzurufen.
DIE STARS: Michael Moore (64), der 2003 für „Bowling For Columbine“ den Oscar gewann, ist vermutlich der populärste Dokumentarfilmer der Welt. Sein Stil, sich auch den härtesten Themen mit einem satirischen Unterton anzunähern, macht seine Filme ausgesprochen leicht konsumierbar. Allerdings trägt ihm die subjektive Färbung der Darstellung von Fakten auch Kritik ein. Den Moore-Gegnern (meist auf der rechten Seite des politischen Spektrums daheim) gilt der Regisseur als Manipulator. Was seine vielen Fans allerdings nicht daran hindert, voller Vorfreude in seine Filme zu pilgern.
DIE KRITIK: Gwen Stefani ist schuld. Gwen Stefani? Richtig, die Popsängerin. Glaubt man Michael Moore in „Fahrenheit 11/9“, so liegt das Fundament für Donald Trumps Polit-Karriere in einer Kränkung durch eine Frau.
Als Trump nämlich herausfand, dass Gwen Stefani für ihre TV-Juroren-Tätigkeit in „The Voice“ besser bezahlt wurde als er in seiner Show „The Apprentice“, sei er schwerstens beleidigt gewesen. So sehr, dass er sich nach neuen Betätigungsfeldern umschaute. Zum Beispiel in der Politik.
Michael Moore verzichtet darauf, diese These mit Belegen zu unterfüttern. Doch die Gwen-Stefani-Anekdote hört sich gut an. Sie löst ein breites Grinsen aus. Und wenn man die Taten des Donald T. über die Jahre mitverfolgt hat, ist man durchaus geneigt, sie auch zu glauben.
„Fahrenheit 11/9“ ist aber keine schlau geschnittene Filmfarce mit dem vorrangigen Ziel, das Publikum zu unterhalten. Michael Moore (der vor der Wahl als einer von wenigen einen Sieg Trumps voraussagte) hat eine politische Agenda. Er wirft den Demokraten rund um Hillary Clinton und auch Barack Obama vor, den Konkurrenten viel zu lange nicht ernst genommen zu haben. Und er schildert mit etlichen Beispielen, dass die Regentschaft des Immobilien-Tycoons den USA schlecht bekommt.
Moore verwendet dabei gern kleine Geschehnisse, die große (Wähler-)Bewegungen auslösen können.
So berichtet er sehr ausführlich über einen Skandal um kontaminiertes Trinkwasser in seiner Heimatstadt Flint, Michigan, der zwar von einem republikanischen Gouverneur ausgelöst, aber von den Demokraten kaum beachtet wurde (der Wahlsieg in Michigan ging dann an Trump). Umgekehrt schildert er das Elend massiv unterbezahlter Lehrer aus West Virginia als Beleg für das dysfunktionale Trump-System.
Moore jongliert gekonnt mit vielen Themen, die er zu einer Filmcollage voller Überraschungen montiert. Seine kühne These etwa, die Bürger der USA seien politisch eher links orientiert, gewinnt an Substanz, wenn er Daten nennt: Es gebe eine Mehrheit für die Beschränkung der Macht der Banken. 75 Prozent der Bürger seien positiv zum Thema Migration eingestellt.
Und, vor allem: Nur einmal in den letzten 30 Jahren sei es einem republikanischen Wahlsieger gelungen, auch die „popular Vote“, die Mehrheit aller abgegebenen Stimmen, zu gewinnen. Sonst lagen hier stets die demokratischen Kandidaten vorn – was ihnen wegen des grotesken Wahlmänner-Systems aber nichts nutzte.
„Fahrenheit 11/9“ warnt vor den Gefahren des Trump-Systems für die amerikanische Demokratie. Michael Moore sucht nach Alternativen für die Zukunft und setzt dabei seine Hoffnungen auf die junge Generation – und auf die Frauen, die sich in der Wählerschaft, aber auch im US-Kongress, immer stärker artikulieren.
Alles in allem weist diese Dokumentation durchaus apokalyptische Momente auf, die durch den sarkastischen Humor des Regisseurs nur partiell gemildert werden. Aber es wäre nicht Michael Moore, wenn er nicht doch Möglichkeiten aufzeigen würde, das politische Kuddelmuddel der Trump-Jahre wieder zu überwinden.
IDEAL FÜR: Politisch interessierte Filmfreunde, die den Filmstil von Michael Moore schätzen.