DIE STORY: Regisseur Richard Linklater fängt mit seinem neuen Film „Everybody Wants Some!!“ dort an, wo er 2014 mit seinem Meisterwerk „Boyhood“ aufhörte. Nach der Geschichte über Kindheit und Jugend geht’s jetzt um den Aufbruch ins Studentenleben.
Damit sind die Parallelen aber bereits erschöpft. Im Vergleich zu „Boyhood“ ist „Everybody Wants Some!!“ ein schlichter Spielfilm von der Stange. Die Story um die Mitglieder einer Studenten-Baseball-Mannschaft ist nicht in der Gegenwart angesiedelt, sondern im Jahr 1980 – in einer Zeit, als Linklater selbst zu studieren begann und an der Uni Baseball spielte.
Hauptfigur von „Everybody Wants Some!!“ ist ein Erstsemestriger namens Jake (Blake Jenner), der in das Studentenwohnheim des Baseball-Teams einzieht. Sein Leben soll sich fortan um das Lernen und den Sport drehen. Doch wie seine Mitbewohner im Heim ist Jake viel mehr an Sex & Drugs & Rock’n’Roll interessiert. Der Film reiht eine Vielzahl kleiner Szenen aus dem Studentenleben aneinander, hat aber keinen großen dramatischen Bogen.
DIE STARS: „Slacker“, „Dazed And Confused“ und dann die in Wien spielende Romanze „Before Sunrise“: Mit diesen drei Filmen etablierte sich der Texaner Richard Linklater anfangs der Neunziger Jahre als einer der führenden Regisseure des US-Independent-Kinos – eine Position, die er mit großartigen Werken wie „School of Rock“ oder „Boyhood“ seither noch stark ausgebaut hat. Oft ging (und geht) es in seinen Filmen um junge Leute, die in einer verwirrenden Welt voller Möglichkeiten nach Orientierung und ihrem eigenen Platz darin suchen.
Das trifft auch auf „Everybody Wants Some!!“ zu. Linklater engagierte für die Studenten-Komödie eine Vielzahl junger Talente wie Blake Jenner („Glee“), Zoey Deutch („Dirty Grandpa“) oder Ryan Guzman („Step Up“), die noch damit beschäftigt sind, sich im Filmgeschäft zu etablieren.
DIE KRITIK: Was ist strengstens verboten im Studentenheim? Alkohol und Mädchen auf dem Zimmer, lernen die Erstsemester beim Einzug in ihr neues Domizil. Wer und was taucht binnen kürzester Zeit in der Hütte auf? Erraten: Alkohol und Mädchen auf dem Zimmer. Und dazu der eine oder andere Joint.
So weit, so vorhersehbar. „Everybody Wants Some!!“ ist eine Studenten-Komödie, die sich erstaunlich wenig um Originalität und Überraschungen bemüht. Vielleicht ging’s Richard Linklater in diesen Jugend-Erinnerungen, die auch seine eigenen sein können, vorrangig um Realismus. Also schrieb und inszenierte er eine heitere Story, wie man sie aus etlichen Coming-of-Age-Filmen kennt. Und aus dem wirklichen Leben auch.
Die üblichen Versatzstücke aus solchen Komödien rücken der Reihe nach ins Bild. Die Schule des Flirtens zum Beispiel: „Du musst so tun, als hättest du schon mal ein Buch gelesen.“ Der Widerstreit zwischen Pflichtgefühl (Lernen! Trainieren!) und Vergnügungslust (Disco! Tanzen! Sex!), in dem stets das Amüsement siegreich bleibt. Das unsichere Umhertapsen zwischen scheinbar frivolen Pointen („Ich studiere Cunnilinguistik“) und scheinbar tiefen Erkenntnissen („Die Dinge bekommen nur so viel Bedeutung, wie wir ihnen zugestehen“).
Ein Element fehlt noch. Die Romanze. Die lässt in „Everybody Wants Some!!“ natürlich ebenfalls nicht lange auf sich warten. Der Frischling Jake erobert das Herz der smarten Beverly (Zoey Deutch). Das ist ein weiblicher Liebesausbruch, der Jake genauso verblüfft wie seine eifersüchtigen, älteren Studienkollegen.
Tja. Das wär’s dann auch schon. Die jungen Darsteller spielen mit Herz. Die Pointen werden punktgenau serviert. Aber es fehlt dem Film an Spannung, an Temperament, an Feuer. „Everybody Wants Some!!“ ist kein schlechter Film. Aber auch kein guter. Und die Erkenntnis, dass ein Film von Richard Linklater kein guter Film ist – das ist dann irgendwie doch noch die Überraschung, auf die man zuvor zwei Kinostunden lang gewartet hat.
IDEAL FÜR: Richard-Linklater-Fans, die dem Regisseur auch dann die Treue halten, wenn er mal in einer Formkrise steckt.