DIE STORY: „Escobar – Paradise Lost“ ist eine fesselnde Mischung aus Drogenthriller, Romanze und Biografie. Zentralfigur ist ein junger Kanadier namens Nick (Josh Hutcherson), der Glück und Pech hat, als er in den Achtzigern mit seinem Bruder als Aussteiger nach Kolumbien übersiedelt.
Nicks Glück: Aus einem Flirt mit einer schönen Einheimischen namens Maria (Claudia Traisac) wird die ganz große Liebe.
Nicks Pech: Maria ist die Nichte von einem gewissen Pablo Escobar (Benicio Del Toro), den Maria für einen Wohltäter hält, der Rest der Welt aber für einen der mächtigsten und brutalsten Drogenbosse des 20. Jahrhunderts.
Nick wird von Escobar als neues Mitglied der Familie begrüßt. Er braucht nicht lange, um zu begreifen, dass dies keine Ehre ist. Als Escobar den Kanadier dann dazu drängt, selbst eine Straftat zu begehen, steht Nick vor einer schier ausweglosen Situation.
DIE STARS: Oscar-Gewinner Benicio Del Toro („Traffic“) stattet den Drogen-Paten Pablo Escobar mit Humor und Charisma, aber auch mit eiskalter Brutalität aus: Eine bravouröse Leistung.
Josh Hutcherson, der Peeta Mellark aus „Panem“, gibt den Globetrotter Nick. Die Spanierin Claudia Traisac als Maria lässt Nicks Herz höher schlagen. Seit dem Dreh sind Hutcherson & Traisac auch privat ein Paar.
Der italienische Autor/Regisseur Andrea Di Stefano ist im Hauptberuf Schauspieler mit Hollywood-Erfahrung: In „Schiffbruch mit Tiger“ etwa oder in „Eat Pray Love“.
DIE KRITIK: „Ich habe gesehen, wie Drogen große Männer kaputtgemacht haben“, sagt Pablo Escobar (Benicio Del Toro) im Film. Da ahnt der Drogenboss noch nicht, dass er sich auch selber meint. Der Chef des Medellin-Kartells, dem die Ermordung von Hunderten Menschen angelastet wird, wurde am 2. Dezember 1993 bei einer Razzia erschossen.
„Escobar“, der Film, spielt einige Jahre früher. Carlos Escobar Gaviria beschließt 1991, sich der kolumbianischen Justiz zu stellen, die zusagt, ihn nicht an die USA auszuliefern. Bevor er ins Gefängnis geht, will der Drogenbaron aber noch die Geschäfte in seinem Gift-Konzern regeln.
Dem kanadischen Globetrotter Nick (Josh Hutcherson) sind Kolumbiens Drogenprobleme egal, als er sich, noch einmal ein paar Jahre früher, in dem Land niederlässt. Nick und sein Bruder Dylan sehen das Tropenparadies vor ihren Augen und haben nur das Surfen (und die Liebe) im Sinn.
Dass sich Nick mit Maria (Claudia Traisac) ausgerechnet eine Nichte von Pablo Escobar als Geliebte anlacht, ist eine erfundene Geschichte, die arg konstruiert wirkt. So unter dem Motto „Wie naiv kann ein Mensch sein“. Denn dass Kolumbien in jenen Jahren brandgefährlich war, wusste selbst der ahnungsloseste Südamerika-Reisende.
Sei’s drum. Regisseur Andrea Di Stefano nutzt die Love Story als Schlüssel, um einen Blick ins Innenleben des Escobar-Clans zu werfen. Und dieser Blick ist faszinierend.
In den ersten Szenen wird der Gangster noch als Wohltäter geschildert, der seinen Reichtum mit den Armen teilt. „Die Menschen lieben ihn“, sagt Maria über ihren Onkel. Dass der seine Kohle mit Kokain verdient, stört sie nicht: „Pablo exportiert ein nationales Produkt.“
Benicio Del Toro legt den Paten Escobar, der auf einer Luxus-Hacienda residiert, zunächst als Charmebolzen an. Pablo gibt Nick & Maria seinen Segen. Er spielt voll Engelsgeduld mit seinen Kindern. Er singt Loblieder auf die Familie und sucht im Gebet den Kontakt zu Gott.
Der verliebte Nick genießt das Glück. Doch bald kommt er drauf, dass der goldene Käfig auf der Hacienda stählerne Gitter hat. Ob er mit Maria nach Kanada zurückkehren könnte? Das sei eine ganz schlechte Idee, findet Onkel Pablo.
Escobar schickt ihn lieber auf einen Außen-Einsatz. Nick soll Wertsachen in einer geheimen Höhle deponieren. Und er soll den Führer umbringen, der ihm den Weg zu der Höhle weist: „Es wird leicht, ihn zu töten, wenn du nichts über ihn weißt.“
Dieser Satz ist der Wendepunkt des Films. Nick mag naiv sein – aber ein Killer? Der Kanadier gerät tief in die Bredouille. Denn er wird von Escobars Männern überwacht, die auch ihm nach dem Leben trachten könnten.
„Escobar“ vermischt die erfundenen und die realen Handlungsstränge (viele Dialoge Escobars sind authentisch) zu einem mitreißenden Film. Die Darsteller sind großartig, die Story hat Power und der Lokalkolorit Südamerikas wird prächtig getroffen (vor allem, wenn man die OmU-Fassung anschaut).
„Paradise Lost“? Das Paradies, das hier immer wieder verlockend durchschimmert, ist nur eine Fata Morgana. Es ist im Grunde schon verloren, wenn die erste Pistole geladen wird.
IDEAL FÜR: Thriller-Fans und/oder Südamerika-Fans, die es interessiert, zu erfahren, welches Unheil der Drogen-Pate Pablo Escobar über die Menschen brachte.