DIE STORY: „Es“ ist wieder da. Stephen Kings epochaler Horror-Roman aus dem Jahr 1986, der dann auch als TV-Zweiteiler zum Hit wurde, dient nun als Fundament für 135 hochklassig gruselige Kino-Filmminuten.
Der Schauplatz ist das US-Städtchen Derry, das Jahr ist 1988, und das Grauen kommt aus der Tiefe. Als ein kleiner Junge namens George einem Papierschiffchen hinterherläuft, das durchs Regenwasser zu einem Abfluss schwimmt, blickt ihm aus dem Gully der lächelnde Clown Pennywise (Bill Skarsgard) entgegen. Pennywise gibt sich freundlich, doch in Wahrheit ist er ein mörderisches Monster. Bald ist der Junge verschwunden, und das Wasser am Gully färbt sich blutig rot.
Bill (Jaeden Lieberher), der etwas ältere Bruder des kleinen George, mag sich mit der Tragödie nicht abfinden. Der Teenager stellt Forschungen an, um herauszufinden, ob George nicht doch irgendwie überleben konnte. Und er tut sich in der Schule mit anderen Kids zusammen, die ein gemeinsames Schicksal teilen: Sie sind alle Außenseiter, die häufig gemobbt werden.
Die Gruppe firmiert wenig selbstbewusst als „Klub der Verlierer“. Doch die sechs Jungs und ein Mädchen, Beverly (Sophia Lillis), haben Großes vor sich. Denn sie stellen fest, dass sie alle von jener unheimlichen Macht bedroht werden, die im Clownskostüm auftreten kann, aber manchmal auch ganz andere Formen annimmt. Und sie stellen sich diesem „Es“ zum Kampf.
DIE STARS: „Es“ ist nach einem sensationellen US-Start dazu unterwegs, einer der erfolgreichsten Filme des Jahres zu werden. Das Erstaunliche: Das Horrordrama kommt vollständig ohne große Namen aus.
Die Hauptrollen sind allesamt mit Teenagern besetzt. Insidern mag Jaeden Lieberher ein Begriff sein, der letztes Jahr im SciFi-Thriller „Midnight Special“ beeindruckte. Die anderen Mitglieder im heldenhaften Klub der Verlierer sind noch weithin unbekannt und teilweise so jung, dass sie sich den Film (freigegeben ab 16) gar nicht im Kino anschauen dürften.
Ein Newcomer ist auch der 27-jährige Bill Skarsgard, der dem Clown Pennywise eine faszinierend bedrohliche Aura verleiht. Der Schwede, Sohn von Hollywood-Star Stellan Skarsgard, spielt hier erstmals in einem großen US-Film.
Regisseur Andres Muschietti stammt aus Argentinien. Für ihn ist „Es“ erst der zweite abendfüllende Spielfilm. Mit dem ersten hinterließ er allerdings großen Eindruck. Sein Gruseldrama „Mama“ (mit Jessica Chastain) wurde 2013 zum internationalen Hit.
DIE KRITIK: Wer Stephen Kings „Es“ schon kennt, dem wird im Kino etwas abgehen: Jener Teil der Geschichte, in dem die Hauptfiguren erwachsen geworden sind. Dahinter steckt System. Die Filmemacher entschieden sich, das Duell des Klubs der Verlierer mit dem bösen Clown Pennywise auf zwei Teile zu verteilen. „Es – Kapitel 2“ (diese Story spielt 27 Jahre später) soll 2019 ins Kino kommen.
Obwohl der erste Film somit in der Mitte der Story endet, ist es Regisseur Andrés Muschietti und den Drehbuchautoren gelungen, dem Werk ein ungemein spannendes und obendrein blitzgescheites (und verblüffendes) Finale zu verpassen. Der Weg zum Showdown ist ein Musterbeispiel für packendes Grusel-Kino erster Qualität.
„Es“ firmiert zwar als Horrorfilm, doch das Drama ist Lichtjahre entfernt vom blutgeilen Gemetzel im Splatter-Stil. Gewiss, es passieren viele furchtbare Sachen; es wird gestorben und massakriert. Aber der Film weidet sich nicht an der Gewalt, sondern er zeigt sie, um etwas ganz anderes zu illustrieren: Die Ängste, Dämonen und Obsessionen, die im Menschen wohnen. Außerdem lädt der Film dazu ein, über Rassismus, Diskriminierung und die Angstmacherei bestimmter Politiker nachzudenken.
Dramaturgisch ist der Aufbau in jeder Szene gelungen. Man ahnt es stets, wann wieder eine schaurige Sequenz bevorsteht,. Regisseur Muschietti nutzt alle Stilmittel des Genres, um den Zuschauern die Haare zu Berge stehen zu lassen. Mal kracht der Donner, mal heult der Wind, und stets sorgt der absichtsvoll nervöse Soundtrack (von Benjamin Wallfisch) für zusätzliche Spannung. Auch ein unheimliches verlassenes Haus – immer wieder ein Lieblingsmotiv in Horrorthrillern – darf nicht fehlen.
So nimmt einen der lange Film von Minute zu Minute mehr gefangen, was auch insofern bemerkenswert ist, als hier ja fast ausschließlich Teenager vor der Kamera stehen. Da ist dem jungen Ensemble genauso zu gratulieren wie dem Regisseur. Das Spiel ist kompakt und kompetent wie aus einem Guss. Ihre mangelnde Routine machen die Kids durch temperamentsprühenden Einsatz wieder wett.
Da bedauert man es fast, dass man diesen Jugend-Cast 2019 in „Es – Kapitel 2“ höchstens in ein paar Rückblenden zu sehen bekommen wird. Denn die Teenager für den bald beginnenden Dreh um 27 Jahre altern zu lassen, das schafft nicht einmal die Traum- und Albtraumfabrik Hollywood.
IDEAL FÜR: „Es“-Fans, für Stephen-King-Fans und alle Freunde des intelligenten Gruselkinos.