DIE STORY: „Einer nach dem anderen“ ist eine klimamäßig schwer unterkühlte, ansonsten aber ausgesprochen heiße Thriller-Groteske mit den Top-Stars Stellan Skarsgard und Bruno Ganz. Der Film bietet viel rotes Blut und schwarzen Humor im weißen Schnee.
Stellan Skarsgard ist Nils Dickman: ein Straßenmeister im hohen Norden Norwegens, der mit mächtigen Schneepflügen („bis zu 4.000 Tonnen Schnee pro Stunde!“) über die winterlichen Hochgebirgs-Highways rattert. Dafür wird er von seiner Gemeinde zum „Bürger des Jahres“ gewählt. Doch am Abend der Ehrung haucht Nils' Sohn sein Leben aus – angeblich wegen einer Überdosis Heroin.
Nils findet aber heraus, dass der Tod ein gewaltsamer war, ausgelöst durch die Gangster eines nordischen Drogen-Clans. Der zornige Vater macht sich auf die Spur des Verbrechens und kitzelt aus Gangstern, die auf die Namen Jappe, Ronaldo und Strike hören, wichtige Informationen heraus. Die Schurken überleben Nils‘ Verhörmethoden nicht.
Danach gewinnt die Angelegenheit eine gewisse Eigendynamik. Die nordischen Mafiosi um ihren Boss, den Grafen (Pal Sverre Valheim Hagen), glauben, dass ein serbisches Kartell hinter den Todesfällen steckt. Als kleine Geste des Widerstands bringen sie einen der Serben um. Dummerweise den Sohn vom Chef der Konkurrenz, genannt Papa (Bruno Ganz). Jetzt wird aus Nils‘ Rache-Feldzug ein mörderischer Bandenkrieg, in dem insgesamt 22 Männer ihr Leben lassen: „Einer nach dem anderen“.
DIE STARS: Stellan Skarsgard ist Schwedens populärster Schauspieler, was nicht zuletzt an seinen regelmäßigen Ausflügen nach Hollywood liegt. Sein Spektrum reicht von Blockbustern („Thor“) über Musicals („Mamma Mia!“) bis hin zu vielen Arthaus-Meisterwerken von Lars von Trier („Nymphomaniac“).
Der Schweizer Bruno Ganz trägt seit 1996 den Iffland-Ring als „würdigster Schauspieler deutschsprachiger Bühnen“. Der Theater-Gigant Ganz ist parallel seit 1960 auch vor der Kamera aktiv. Wichtige Filme der letzten Jahre: „Brot und Tulpen“, „Der Untergang“ (als Hitler) oder „The Counselor“ von Ridley Scott.
Den Norweger Pal Sverre Valheim Hagen, der den Mafia-„Grafen“ spielt, kennt man als Abenteurer Thor Heyerdahl aus „Kon-Tiki“. Regisseur Hans Petter Moland, ebenfalls Norweger, brachte „Einer nach dem anderen“ im Februar 2014 bei der Berlinale heraus. Dort hatten auch schon seine Filme „Ein Mann von Welt“ (2010) und „The Beautiful Country“ (2004) Premiere.
DIE KRITIK: Hohe kriminelle Energie im Tiefschnee: „Einer nach dem anderen“ kann (und will) seine Verwandtschaft mit „Fargo“, der berühmten Krimi-Farce von Joel & Ethan Coen, nicht verbergen. Hier wie dort geht es ausgesprochen blutig zu. Und hier wie dort werden die Taten und Untaten in Dialoge verpackt, die vor bitterbösem Humor nur so sprühen.
Im Original heißt der Film „Kraftidioten“, was perfekt passt: Die Mafiosi haben Kraft, und sie sind Idioten. Auf Englisch wählte man den Titel „In Order of Disappearance“ („In der Reihenfolge des Verschwindens“) - ebenfalls eine treffliche Idee. Die Schauspieler werden auf der Leinwand nach dem Ableben ihrer Figuren mit einem Namens-Insert vorgestellt. Doch auch der deutsche Titel „Einer nach dem Anderen“ ist, wie eingangs angemerkt, nicht übel.
Der Film von Hans Petter Moland hat viel von der coolen Klarheit, die zum Markenzeichen nordischer Krimis wurde. Er ist ein visuelles Vergnügen, in dem die mächtigen Schneelandschaften Norwegens (und auch die dahindonnernden Schneepflüge) für atemraubende Bilder sorgen. Vor allem aber ist „Einer nach dem Anderen“ ein großes Vergnügen für Freunde des ultraschwarzen Humors, in dem scheinbar mächtige Gangster auf ihr wahres Maß reduziert werden – jenes von Kraftidioten eben.
Regisseur Moland lässt neben der Krimi-Handlung auch der Satire breiten Raum. Mal hört man norwegische Gangster, die über soziale Strukturen debattieren („in warmen Ländern gibt es keinen Wohlfahrts-Staat“), mal freuen sich die Kollegen aus Serbien über den Komfort nordischer Gefängnisse: „Wenn du dort arbeitest, zählt es für die Rente. Und die Zähne habe ich mir auch machen lassen.“
Die Figuren haben alle ihre skurrilen Eigenheiten: Der Mafiaboss der Norweger ist nicht nur ein mörderischer Wüterich, sondern auch Veganer. Ein Auftragskiller reist mit dem Zug an, weil er Flugangst hat. Und wenn Hauptfigur Nils Dickman einem Kind eine Gute-Nacht-Geschichte erzählen soll, dann liest er aus einem Schneepflug-Prospekt vor. Etwas anderes fällt ihm nicht ein.
Der Film hingegen sprüht nur so vor Einfällen. Regisseur Moland wendet eine sehr brutale Geschichte ins Lächerliche und demaskiert die Macht- und Macho-Attitüden seiner Figuren als absurdes Possenspiel. Gleichzeitig zieht er die Story zu einem spannungsgeladenen Finale hinauf, in dem auch die hinreißenden Großschauspieler Stellan Skarsgard und Bruno Ganz eine große gemeinsame Szene haben. Großartig!
IDEAL FÜR: Liebhaber schwarzen Humors, die blutige Bilder nicht scheuen.