Eine neue Freundin

Der Wunsch, jemand anders zu sein


FilmClicks:
„Eine neue Freundin“: Die grandiosen Hauptdarsteller Romain Duris und Anais Demoustier © Thimfilm
DIE STORY: Eigentlich sollte man einen Film wie „Eine neue Freundin“ gar nicht näher beschreiben, denn er gehört in die Kategorie: Besser überraschen lassen. Daher eine etwas andere Inhaltsangabe: David (Romain Duris) ist völlig aufgelöst vom Tod seiner jungen Ehefrau Laura (Isild Le Besco), die kurz nach der Geburt des gemeinsamen Kindes an einer schweren Krankheit starb. Auch Lauras beste Freundin Claire (Anaïs Demoustier) ist wie vor den Kopf gestoßen. Sie versucht, David in seiner Trauerarbeit zu unterstützen, doch als sie eines Tages in sein Haus kommt, macht sie eine ungewöhnliche Entdeckung.
 
DER SPOILER-ALARM:  Wer sich überraschen lassen will, liest ab hier nicht mehr weiter. Allerdings: Sogar der Trailer suggeriert, wie es im neuen Film von François Ozon weitergeht.
David verspürt nämlich große Lust daran, sich Frauenkleider anzuziehen. Ja, mehr noch: wie eine Frau zu leben. Es sind zwei Seiten, wobei die männliche bald der weiblichen unterliegt: David nennt sich fortan Virginia, trägt hohe Absätze und geht am liebsten shoppen. Zusammen mit seiner neuen Freundin Claire, die mehr und mehr Gefallen an Virginia findet. An ihr, wohlgemerkt, nicht an David.
 
DIE STARS: Romain Duris ist wie gemacht für die Rolle von David/Virginia. Der französische Superstar, bekannt aus „Der wilde Schlag meines Herzens“ (2005) oder „Beziehungsweise New York“ (2013), hat bisher eher kantige, aber immerhin sensible Typen gespielt, eine Frau hingegen noch nie. Und doch kitzelt er gerade in dieser Rolle scheinbar mühelos die nötige Weiblichkeit aus sich heraus, die er dann auch gekonnt einsetzt: Mit High Heels und mit Lippenstift.
Als perfekten Counterpart hat Regisseur Ozon die junge Anaïs Demoustier besetzt, deren Performance als Virginias Freundin und Geliebte Claire von ihrem unglaublich beeindruckenden Rehaugenaufschlag lebt.
 
DIE KRITIK: Wer die Film von François Ozon kennt, weiß, dass man von diesem Regisseur zuweilen Geschichten jenseits der gängigen Moralvorstellungen und Sehgewohnheiten serviert bekommt. Immerhin hat Ozon Catherine Deneuve schon zu schnuckeligen Tanz- und Sangeseinlagen motivieren können (in „8 Frauen“) oder sogar ein Baby mit Flügeln (!) durch den Raum fliegen lassen (in „Ricky“).
Diesmal hat sich Ozon mit der Suche nach einem zweiten Ich und mit dem Wunsch, jemand anders sein zu können, beschäftigt. Er tut dies wie sehr oft mit einem Hang zum Kitsch; jedoch überschreitet er niemals die kritische Grenze (wie etwa in „Angel“), sondern rettet sich stets auch dank seines ausgezeichneten Ensembles über die Ziellinie, die da lautet: Melodramatische Erzählungen sind, auch wenn es in ihnen zuweilen heiter zugeht, zuallererst von Lebenstragik erfüllt.
Dass dabei die Dramatisierung mit, man könnte fast sagen, Hollywood-Methoden erfolgt, führt den Film zielsicher voran: Ozon will Kurzweil mit Niveau und schafft in „Eine neue Freundin“ dank Anais Demoustier und Romain Duris auch noch eine große Sogwirkung. Wenn man sich darauf einlässt.

IDEAL FÜR: Ozon-Fans. Die müssen natürlich zugreifen: das ist bei diesem Regisseur schon längst wie bei Woody Allen, von dem man jeden Film gesehen haben muss (oder will).






Trailer
LÄNGE: 108 min
PRODUKTION: Frankreich 2014
KINOSTART Ö: 10.04.2015
REGIE:  Francois Ozon
GENRE: Drama
ALTERSFREIGABE: ab 14


BESETZUNG
Romain Duris: David / Virginia
Anais Demoustier: Claire
Isild Le Besco: Laura
Raphael Personnaz: Gilles