Eine bretonische Liebe

Große Gefühle und andere Explosivstoffe


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Zwei bretonische Liebende der unkoventionellen Art: Cécile De France und Francois Damiens © Polyfilm
DIE STORY: „Eine bretonische Liebe“ ist eine romantische Komödie aus Frankreich, die ihre Romantik tief unter einer rauen Schale versteckt. Ober besser gesagt: Verstecken will. Denn die großen Gefühle drängen mit aller Macht ans Tageslicht.
Im Zentrum steht der Bretone Erwan Gourmelon (Francois Damiens), ein Koloss von einem Mann, der den nervenkitzelnden Beruf eines Bombenentschärfers ausübt. Den größten Nervenkitzel erlebt er aber daheim: Seine 23-jährige Tochter Juliette (Alice de Lencquesaing) erwartet ein Baby und will partout nicht verraten, wer der Vater ist.
Kurze Zeit später kommt bei einer ärztlichen Untersuchung heraus, dass Erwans Vater Bastien (Guy Marchand) gar nicht sein leiblicher Erzeuger ist. Nun macht sich der Mann in eigener Sache und mit Hilfe einer Privatdetektivin auf die Vatersuche.
Die Detektivin wird bald fündig. Der charmante Joseph Livkine (André Wilms) hatte wohl vor Jahrzehnten einen One Night Stand mit Erwans Mutter. Die beiden Männer lernen sich kennen und freunden sich als Vater und Sohn miteinander an. Doch Erwans Miene verdunkelt sich, als eines Tages Josephs Tochter Anna zu Besuch kommt.
Denn er ist dieser Anna (Cécile De France), einer ungemein herben Ärztin, kurz zuvor nächtens auf der Landstraße begegnet, als ihr Auto mit einem Wildschwein kollidierte. Und während sie das schwer verletzte Schwein mit einer Injektion in die ewigen Jagdgründe beförderte, hat er sich unsterblich in sie verliebt.

Erwan (Francois Damiens) findet in Joseph (André Wilms) seinen Vater © Polyfilm

DIE STARS:  Die Pariser Filmemacherin Carine Tardieu, die bei uns noch eher unbekannt ist, holte für „Eine bretonische Liebe“ (ihren zweiten Spielfilm) ein erlesenes Ensemble vor die Kamera. Der Franzose André Wilms ist spätestens seit Aki Kaurismäkis Meisterwerk „Le Havre“ ein internationaler Arthaus-Star. Die Belgierin Cécile de France zählt zu den Spitzenkräften der französischen Szene, spielt gelegentlich aber auch in Hollywood-Produktionen („In 80 Tagen um die Welt“).
Aus Belgien stammt auch der Komödiant Francois Damiens, dessen Karriere im TV bei der „Versteckten Kamera“ begann. Als Erwan führt er mit einer brillanten Leistung vor, wie viel Zärtlichkeit und Sensibilität in einem wortkargen Brummbär stecken können.

Erwan möchte wissen, von wem seine Tochter (Alice de Lencquesaing) ein Baby erwartet © Polyfilm

DIE KRITIK: Bombenentschärfer verliebt sich in Ärztin, die vermutlich seine Schwester ist: Man könnte die Story von „Eine bretonische Liebe“ auf diesen einen Satz verknappen. Doch damit würde man nur die Hülle des Films beschreiben, nicht jedoch seine Essenz, die einen von Szene zu Szene mehr fasziniert. „Eine bretonische Liebe“ ist eine der stärksten und klügsten Komödien des Jahres. Der Film ist eine Wundertüte, die prallvoll mit Überraschungen und verblüffenden Wendungen gefüllt ist.
In der ersten Szene sieht man den Protagonisten Erwan Gourmelon, wie er mit ruhiger Hand Granaten, Minen und Handgranaten aus dem Sand freilegt: Überbleibsel aus Kriegszeiten, die auch heute noch tödliche Wirkung entfachen können.
Dieses Bild ist ein Symbol für alles, was folgt. Wenn die Figuren des Films im Sandboden  ihrer Existenz herumstochern, stoßen sie ebenfalls auf (seelische und/oder biologische) Explosivstoffe, die jederzeit detonieren könnten. Doch die famose Autorin/Regisseurin Carine Tardieu (ein Name, den man sich merken muss!) schafft es, aus den dramatischen Situationen stets die Komödie hervorzulocken.
„Eine bretonische Liebe“ betört einen zunächst mit seinem ungemein liebenswerten Personal. Der störrische Minensucher, seine aufrührerische schwangere Tochter oder die scheinbar vollkommen charmebefreite Ärztin: Das sind schräge Typen, die man auf Anhieb ins Herz schließt.
In der Versuchsanordnung des Films, der sich aus weiblicher Sicht auf das Thema von Vätern und Söhnen fokussiert, werden die Figuren  durch einen Parcours mit tausend Windungen geschleudert.
Die Regisseurin Carine Tardieu hat sich feine Dialoge voller cooler Pointen ausgedacht, mit denen die Protagonisten auf die Ereignisse reagieren. Und sie setzt auch auf den Einsatz von Requisiten für ungewohnte Zwecke: Mal spielt eine Zorro-Maske eine wichtige Rolle, mal ein zweckentfremdetes Kondom. Dann wieder lernt man, dass ein Kran den Menschen zwar in luftige Höhen heben kann, nicht jedoch automatisch auf die größte Höhe seiner Gedanken.
So perlt das raue Spiel ernsthaft und vergnüglich zugleich vor sich hin. Als Zuschauer wird man zum Verbündeten dieser schroffen Menschen aus dem stürmischen Nordwesten Frankreichs, die sich gern abweisend geben, obwohl sie doch allesamt ein riesengroßes Herz besitzen. „Eine bretonische Liebe“ ist ein wunderbares Komödien-Highlight zum Ende des Kinojahres 2017.
 
IDEAL FÜR: Freunde von romantischen Komödien der besonderen Art.






Trailer
LÄNGE: 101 min
PRODUKTION: Frankreich / Belgien 2017
KINOSTART Ö: 22.12.2017
REGIE:  Carine Tardieu
GENRE: Komödie|Romanze
ALTERSFREIGABE: ab 6


BESETZUNG
Francois Damiens: Erwan Gourmelon
Guy Marchand: Bastien Gourmelon
Alice de Lencquesaing: Juliette Gourmelon
André Wilms: Joseph Levkine
Cécile De France: Dr. Anna Levkine
Estéban: Didier