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Ein Brief für Dich
„Wir alle sind Engel, verborgen in den Knochen von Menschen“
DIE STORY: „Ein Brief für Dich“ ist ein christliches Erbauungs-Traktat aus der ultrakonservativen Ecke. Der Plot: Die 16-jährige Maggy (Aley Underwood) flattert durch die Turbulenzen der Pubertät. Schule, Familie – überall Probleme. Nur wenn sie in ihrer Rockband singen darf, ist sie glücklich.
Eines Tages erhält Maggy von einem unbekannten Mann einen Brief, in dem schwülstige Sätze stehen wie „Deine Freude ist der Lohn für die Freude, die du anderen schenkst“ oder „Möge der Herr dich auf deinem Weg segnen“. Auf Maggys berechtigte Frage „Wer schreibt sowas?“ kommt nicht etwa die Antwort, „Ein frömmlerischer Sektierer“, sondern: „Jemand, der schon älter ist“. Und in der Tat findet Maggie in einem Altersheim einen rüstigen Greis namens Sam Worthington (Bernie Diamond), der seine Tage damit verbringt, Unbekannten fromme Briefe zu schreiben.
Von nun an sind Maggy und der Senior ein Herz und eine Seele. Doch weil Autor/Regisseur Christian Vuissa offenbar im Drehbuch-Lehrbuch gelesen hat, dass Filme mit Happy End auch tragische Momente brauchen, kommt es für Maggie erst mal knüppeldick. Ihr (keuscher) Freund beendet die Beziehung. Nicht nur das: Maggy wird aus der Band rausgeschmissen. In der Schule wird sie des Schummelns überführt. Und die Mutter beschuldigt sie, 50 Dollar gestohlen zu haben. Dabei hat sie doch das Geld nur ausgeborgt, um eine Demo-Aufnahme für die Band zu bezahlen!
Was tun? Bei den Alten und im Glauben findet das zuvor so wilde Mädchen Trost. Maggy wird zur frommen Sängerin, die in ihrem Schlusslied die Quintessenz ihrer Erkenntnis vorträgt: „Wir alle sind Engel, verborgen in den Knochen der Menschen“.
Letzteres Zitat ist kein Witz. Das steht genau so in den Untertiteln von Maggys Song.
DIE STARS: Keine Stars.
DIE KRITIK: „Ein Brief für Dich“ ist ein schauriges Beispiel dafür, wie es im Kino aussehen würde, wenn die christlichen Fundamentalisten die Herrschaft in Hollywood antreten würden: Man bekäme nur noch kitschtriefende und moralinsaure Dramen zu sehen, die um die Realitäten der Welt einen gewaltigen Bogen machen.
Der Film ist eine US-Produktion, für die erstaunlicherweise ein Österreicher verantwortlich zeichnet: Autor/Regisseur Christian Vuissa stammt aus Vorarlberg. Er ist bekennender Mormone. Das ist jene Glaubensrichtung, die lehrt, Jesus hätte nach seiner Auferstehung erst mal kurz in Amerika vorbeigeschaut.
„Ein Brief für Dich“ ist zwar kein dezidierter Mormonen-Film, aber den puritanischen Einfluss merkt man oft. Bei Szenen in Bars oder Lokalen ist Limonade (neben Milch) das schärfste Getränk. Und wenn Maggie zu Beginn ihrem Freund ein „Ich liebe Dich“ entgegenhaucht, bekommt sie zwar ein „Ich dich auch, Schnuckel“ zurück, aber keine Streicheleinheiten und schon gar keinen Kuss.
Das Drehbuch trieft vor Schmalz und handwerklichem Dilettantismus. Die linkischen Darsteller sind zu Recht außerhalb des christlichen Filmschaffens völlig unbekannt.
Maggies Weg zu den in Knochen verborgenen Engeln ist im Grunde eine unfreiwillige Satire, grottenschlecht und schnarchfad. Doch der Film bezieht eine gewisse Faszination aus der Tatsache, dass man hier einem völlig exotischen Drama begegnet, das sonst wohl nur im amerikanischen Bible Belt ein Publikum findet. Mögen die Götter der Filmkunst dafür sorgen, dass das auch in Zukunft so bleibt.
IDEAL FÜR: Alle Filmfreunde, denen die vielen Gewalt-Szenen und der hemmungslose Sex in Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen einfach zu viel sind (Ironie aus).
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