GESAMTEINDRUCK: Das französische Drama „Durch das Feuer“ schildert realistisch kühl – und gerade dadurch besonders berührend – das Drama eines Pariser Feuerwehrmannes, der nach einem extrem schweren Brandunfall zurück ins Leben finden will.
DIE STORY: Franck (Pierre Niney) ist ein glücklicher Mann. Privat freut er sich mit seiner Frau Cécile (Anais Demoustier) auf die bevorstehende Geburt von Zwillingen. Beruflich ist er mit Leib und Seele Feuerwehrmann. Doch als er mit seinem Trupp zum Großbrand in einer Pariser Lagerhalle gerufen wird, wird ihm im flammenden Inferno der Weg abgeschnitten. Franck kann sich in letzter Sekunde ins Freie retten – mit schwersten Verbrennungen und anderen Verletzungen. Eine schier endlose, schmerzhafte Therapie beginnt. Und Franck weiß: Sein Gesicht wird für immer von den Narben entstellt bleiben.
DIE STARS: Der 30-jährige Pariser Pierre Niney zählt zu den aufstrebenden Stars der französischen Szene. Für die Titelrolle im Biopic „Yves Saint Laurent“ erhielt er 2015 einen César-Filmpreis. Danach glänzte er in Francois Ozons deutsch-französischem Nachkriegsdrama „Frantz“.
Anais Demoustier begann ihre Schauspiel-Karriere 2003 in Michael Hanekes „Wolfzeit“. Seither hat sie sich mit Filmen wie „Das schöne Mädchen“ von Christophe Honoré oder „Eine neue Freundin“ von Francois Ozon in Frankreich bestens etabliert.
DIE KRITIK: „Sauver ou périr“ („Retten oder untergehen“) – so lautet der Originaltitel von „Durch das Feuer“ und auch das Motto der Feuerwehr von Paris. Der werdende Familienvater Franck (Pierre Niney) hat sich ganz dem Retten verschrieben. Der Film begleitet ihn auf etlichen Einsätzen zu medizinischen Notfällen oder Unfällen.
Erst später wird es für Franck richtig gefährlich, wenn es an die Brandbekämpfung geht. Dass das Risiko des Untergehens dabei keine leere Worthülse ist, bekommen die Feuerwehrleute täglich eingebläut. Beim fast militärischen Morgenappell in der Wache rufen sie stets die Namen jener (nicht wenigen) Kollegen aus, die ihren Einsatz mit dem Leben bezahlten.
Franck hat dann bei seinem Unfall in der brennenden Lagerhalle riesiges Glück, dass sein Name nicht ebenfalls auf die Liste der Toten gerät. Doch dafür muss er in der Rehabilitation mit einem Leidensweg bezahlen, der nicht nur körperliche, sondern auch seelische Schmerzen sonder Zahl bereithält.
Franck weiß, dass er für den Rest seines Lebens durch tiefe Narben gezeichnet sein wird. Er weiß, dass seine Laufbahn bei der Feuerwehr vorbei ist. Was er nicht weiß, ist, ob seine bisher so glückliche Ehe all diesen Belastungen standhalten wird. Und in Momenten tiefer Verzweiflung weiß er nicht, wie er noch Lebensmut fassen könnte.
Regisseur Fréderic Tellier schildert dieses Drama mit distanziertem Realismus und zugleich mit größter Empathie für seine Figuren. In der ersten halben Stunde wirkt der Film wie eine spannende Reportage aus der Welt der Feuerwehr, bei der man als Zuschauer vielleicht erstmals so richtig erahnt, wie gefährlich dieser Beruf ist.
Der Großbrand, bei dem Franck fast sein Leben verliert, wirkt erschreckender als in einem großen Hollywood-Blockbuster. In der Behandlung fällt der Feuerwehrmann dann erst einmal wochenlang ins Koma. Und der Film verlangsamt sein Tempo, wie es der Rehabilitation und dem neuen Lebensrhythmus des Patienten angepasst ist. Doch in der Schilderung des Kampfs gegen äußere Verletzungen und innere Dämonen entwickelt das Drama nun höchste Intensität.
Pierre Niney spielt großartig die vielen Facetten seiner Figur aus: Erst den mutigen Draufgänger im Beruf und den liebenden Ehemann, dann den entstellten Patienten, dessen neue Gesichtszüge während der Behandlung lange unter einer Maske verborgen bleiben müssen. Die Selbstzweifel, die Beziehungsängste und die Zukunftssorgen dieses Mannes übertragen sich direkt zum Publikum. Genauso wie seine ersten tapsenden Schritte, nach der Therapie wieder neuen Halt in einem neuen Leben zu finden.
Anais Demoustier agiert kongenial als Ehefrau und junge Mutter, die durch den Unfall ebenso aus der vorgezeichneten Lebensbahn geworfen wird wie er. Einerseits steht sie ihrem Partner in dem Jahre verschlingenden Reha-Prozess loyal zur Seite. Andererseits ist auch sie nicht frei von Zweifeln und Tiefpunkten, wenn sich die Frage erhebt, wie es weitergehen soll.
In Summe ist „Durch das Feuer“ ein packendes Schicksalsdrama, das seine tiefe Wirkung daraus bezieht, dass die tragische Geschichte ohne Sentimentalitäten erzählt wird. Perfekt gelungen. Durch die raue Schilderung der Tragödie sind dann nämlich auch jene Momente höchst glaubwürdig, in denen neue Hoffnung erwacht.
IDEAL FÜR: Freunde realistischer und lebensnaher Filme, die trotz schwieriger Umstände ohne Schmalz und Kitsch auskommen.