GESAMTEINDRUCK: Die Säufer- und Künstler-Biografie
„Don´t Worry, weglaufen geht nicht“ über den US-Cartoonisten John Callahan ist trotz der schweren Materie ein melancholisch-leichter Wohlfühlfilm.
DIE STORY: John Callahan (Joaquin Phoenix) weiß mit seinem Leben nichts anzufangen. Für ihn geht es darum, möglichst viel Spaß zu haben und regelmäßig zu trinken. Als er nach einem schweren Verkehrsunfall querschnittgelähmt ist, denkt er nicht daran, seinen Lebenswandel zu ändern. Erst als er eine Erleuchtung hat, wendet er sich an die Anonymen Alkoholiker. Und als er trocken ist, entdeckt er sein Talent, außergewöhnliche Comics mit bissigen Kommentaren zu schreiben.
DIE STARS: Joaquin Phoenix hat sie immer wieder gern in seiner Karriere gespielt, die Außenseiter und Querköpfe. Genau so einen kann er hier porträtieren. Und das tut er mit Inbrunst. Gut möglich, dass es zum Dank dafür eine Oscar-Nominierung gibt.
Aber auch die Mannschaft um ihn herum ist glänzend aufgelegt. Jonah Hill gibt den schwulen AA-Guru mit Schmackes. Jack Black ist wie immer der Kumpeltyp. In der Gruppe der Anonymen Alkoholiker hat sich mit Udo Kier, Kim Gordon und Beth Ditto ordentlich Prominenz versammelt. Nur Rooney Mara als John Callahans Freundin mäandert wie stets recht freudlos durch den Film.
Regisseur Gus Van Sant zählt zu den großen Einzelgängern des US-Kinos. Mit Mainstream-Filmen (Oscar-Nominierung für „Good Will Hunting“) reüssierte er genauso wie mit Arthaus-Produktionen (Goldene Palme für „Elephant“).
DIE KRITIK: Das Projekt „Don´t Worry, weglaufen geht nicht“ hat mehr als 20 Jahre gebraucht, von der Idee bis zum fertigen Produkt. Schon 1998 wollte Gus Van Sant einen Film über den sehr eigenwilligen und - zumindest in Fachkreisen - berühmten Cartoonisten John Callahan machen. Ein wenig ist es dem Film auch anzusehen, dass der Regisseur sehr intensiv und lange darüber nachgedacht hat. Den eleganten Fluss zum Beispiel, der die Politiker-Biografie „Milk“ auszeichnet (neben „Good Will Hunting“ wohl der beste Film Van Sants), den vermisst man hier.
Der Regisseur hat sich bei seinem neuen Werk dazu entschieden, den Film nicht chronologisch zu erzählen. „Don´t Worry…“ beginnt mit einer Szene in einem prall gefüllten Saal, in dem der Zeichner für seine Kunst gefeiert wird. Dann springt der Film wild - und manchmal nicht so recht nachvollziehbar - zwischen den Ebenen des Lebens von John Callahan hin und her.
Dass man sich auf die Schauspielkunst eines Joaquin Phoenix verlassen kann, das können wohl alle Regisseure bestätigen, mit denen der Ausnahme-Darsteller je zusammengearbeitet hat. Auch hier ist er wieder das emotionale Zentrum des Films. Ob nun als hemmungslos Saufender oder als Sinnsuchender, Schwerkranker, am Leben Verzweifelnder, in der Kunst sein Glück Findender - all diese Facetten hat Phoenix unglaublich gut drauf.
Einen wunderbar leichten Ton bringt die Idee Gus Van Sants, die Comic-Figuren von John Callahan in den Film mit einzubauen. Mehrere Male malen sie sich wie von selbst und geben so einen sehr guten Eindruck von der Brillanz des Künstlers, der 2010 verstarb.
IDEAL FÜR: Alle, die sich gern liebevoll gemachte Biografien anschauen.