DIE STORY: „Die Welt der Wunderlichs“ ist eine Komödie, die auch als Tragödie durchgehen kann. Denn was sich bei den Wunderlichs abspielt, ist nicht lustig.
Tragender Stamm der Familie ist die Mittdreißígerin Mimi (Katharina Schüttler), eine begabte Musikerin, die den Traum von der Karriere längst aufgegeben hat. Als alleinerziehende Mutter hat sie unentwegt Scherereien mit ihrem hyperaktiven Sohnemann Felix (Ernst Wilhelm Rodriguez), der in der Schule gern mal die Lehrerin in den Schrank sperrt und den Schlüssel versteckt.
Die Eltern sind Mimi keine Hilfe. Mutter Liliane (Hannelore Elsner), einst ein Schlager-Star, findet wegen ihrer Depressionen nicht mehr aus dem Bett. Vater Walter (Peter Simonischek) leidet unter einem manisch-depressiven Krankheitsbild und taucht immer wieder mal in einer geschlossenen Anstalt ab, wenn er nicht gerade seine letzten Euros verspielt.
Sonst noch was? Na klar! Da wäre noch Mimis Schwester Manuela (Christiane Paul), eine emotionskalte Borderlinerin. Und Mimis Ex-Mann Johnny, ein versoffener Musikant. Und Mimis möglicherweise neuer Flirt Nico, der sich allerdings als verhaltensgestörter Frauenheld erweist.
Eines Tages wird Mimi zu einer Casting Show eingeladen. „The Second Chance“. Sie macht mit. An ihre Familie richtet sie nur einen einzigen Wunsch: Sie möchte gern allein zu den Aufnahmen reisen. Doch keine Frage: Der Wunsch wird Mimi nicht erfüllt. Die ganze wunderliche Chaotentruppe fährt mit.
DIE STARS: Der deutsch-schweizer Filmemacher Dani Levy feierte 2005 mit der deutsch-jüdischen Komödie „Alles auf Zucker“ einen Riesenhit. Er ist Mitgründer der erfolgreichen Berliner Arthaus-Produktionsfirma X Filme Creative Pool.
Für „Die Welt der Wunderlichs“ engagierte Levy ein glänzend besetztes Ensemble, aus dem Katharina Schüttler („Unsere Mütter, unsere Väter“) und Christiane Paul („Im Juli"), Peter Simonischek („Toni Erdmann“) und Hannelore Elsner („Die Unberührbare“) herausragen.
DIE KRITIK: „Wir sind nicht interessant – wir sind Psychos!“ Dieser Aufschrei von Katharina Schüttler alias Mimi Wunderlich charakterisiert punktgenau, wem man im neuen Film von Dani Levy begegnet. Der Regisseur, der auch das Drehbuch schrieb, schuf eine Familien-Bande, deren Mitglieder schwer einen an der Waffel haben.
ADHS und Depression, Drogen und bipolare Störungen: Auf engstem Raum trifft man in der „Welt der Wunderlichs“ auf alles, was den Therapeuten und Psychiatern die Wartezimmer füllt. Selbst Mimi, das einzig halbwegs ausbalancierte Mitglied der Sippe, scheint den Schmerz zu lieben: „Du bist einer, mit dem man sehr unglücklich werden kann“, flötet sie entzückt ihrem neuen Herzbuben ins Ohr.
Als wäre es damit nicht genug des ganz normalen Wahnsinns, hat Dani Levy auch noch jede Menge Katastrophen in seinen Film eingebaut. Vom Rausschmiss im Job bis zur Autopanne, vom Verkehrsunfall bis zur unliebsamen Begegnung mit der Exekutive: „Die Welt der Wunderlichs“ ist nicht nur exzentrisch, sondern auch hysterisch bis zum Exzess.
Der Film lässt seinen Protagonisten und dem Publikum kaum eine Sekunde des Ausatmens und des Verharrens. Kein Wunder, wenn dann nicht nur die Figuren auf der Leinwand die Nerven wegschmeißen. Irgendwann vereisen einem die Lachmuskeln und man sehnt nur noch das Ende herbei.
Bei diesem ständig explodierenden Druckkochtopf von einem Film stehen auch die guten Darsteller auf verlorenem Posten. Das kann man besonders gut bei Peter Simonischek beobachten. Der Burgtheater-Star lieferte kürzlich in „Toni Erdmann“ als väterlicher Sonderling eine oscarreife Leistung ab. Bei den „Wunderlichs“ ist seine manisch-depressive Figur hingegen so schablonenhaft gezeichnet, dass Simonischek trotz aller Hysterie total blass bleibt.
So bleibt es ein Rätsel, was den sonst so hinreißend filmenden und obendrein höchst liebenswerten Dani Levy dazu bewog, diese ausgerastete Knatterkomödie in Szene und gleich auch in den Sand zu setzen. Zumal der Film keinerlei tieferen Sinn vermittelt außer der Binsenweisheit, dass Familien letztlich doch immer zusammenhalten. „Die Welt der Wunderlichs“ ist ein Film zum Wundern.
IDEAL FÜR: alle, die mal einen Film sehen wollen, in dem ihnen irgendwann jede einzelne Figur auf die Nerven geht.