DIE STORY: Meisterregisseur Steven Spielberg schildert im Drama „Die Verlegerin“ eine große Politik-Affäre aus der jüngeren Vergangenheit der USA, in der es um den Vietnam-Krieg, geheime Akten und die Pressefreiheit geht – und um die Haltung einer couragierten Frau.
Die Story spielt auf dem Höhepunkt des Vietnam-Kriegs im Jahr 1971. Als die
New York Times vertrauliche Dokumente über den Krieg zugespielt bekommt, schlägt die Erregung in der Öffentlichkeit hohe Wellen. Doch ein Gerichtsurteil verbietet der
Times weitere Veröffentlichungen.
Das weckt den Ehrgeiz von Ben Bradlee (Tom Hanks), dem Chefredakteur der
Washington Post. Er setzt ein Team auf das Thema an, das in der Tat Zugriff auf das geheime Material, die Pentagon Papers, erhält.
Bradlee will die Informationen drucken. Damit bringt er Katherine Graham (Meryl Streep), die Verlegerin der
Post, in einen Zwiespalt: Die Regierung von Präsident Nixon droht für diesen Fall Klagen an.
Die juristischen Berater der
Washington Post empfehlen der Verlegerin, die Finger von der Sache zu lassen: Die Veröffentlichung der Pentagon Papers könnte die Zeitung, die gerade ihren Börsegang vorbereitet, in existenzielle Gefahr bringen.
DIE STARS: Prominenter besetzt kann ein Hollywood-Film kaum sein. Der dreifache Oscar-Gewinner Steven Spielberg bietet Meryl Streep (drei Oscars) und Tom Hanks (zwei Oscars) für die Hauptrollen von „Die Verlegerin“ auf. Das Drama ist bei den Academy Awards 2018 als bester Film im Rennen und brachte Meryl Streep ihre 21. Oscar-Nominierung ein.
DIE KRITIK: Steven Spielberg wendet sich mit seinen Kino-Welterfolgen, von „Schindlers Liste“ bis „Indiana Jones“, meist an ein globales Publikum. Im Fall von „Die Verlegerin“ ist das anders. Hier geht’s um ein spezifisch amerikanisches Thema.
Das bedeutet nicht, dass das Presse-Drama (Originaltitel: „The Post“) europäischen Zuschauern nichts zu sagen hätte; ganz im Gegenteil. Was der Film über staatliche Vertuschung und Geheimniskrämerei sowie über die Pressefreiheit zu erzählen hat, ist von allgemeiner Bedeutung. Doch um die Zusammenhänge besser zu verstehen, kann es nicht schaden, wenn man vor dem Kinobesuch kurz nachschlägt, was es mit den Pentagon Papers und der
Washington Post auf sich hat.
Die Nixon-Administration wollte diese Akten in den Sechzigern unter allen Umständen geheimhalten. Bewiesen sie doch, dass die USA schon viel länger in den Vietnam-Konflikt verstrickt waren, als offiziell zugegeben. Und dass der Verteidigungsminister Robert McNamara bereits 1966 bezweifelte, ob der Krieg zu gewinnen sei (die Kämpfe, die Millionen Menschen das Leben kosteten, endeten erst 1973).
Robert McNamara, gespielt von Bruce Greenwood, ist eine Schlüsselfigur in „Die Verlegerin“. Der Politiker war ein Freund der
Washington Post-Chefin Kay Graham, die somit wusste, dass sie ihn in die Bredouille bringen würde, sollte sie die Pentagon Papers veröffentlichen.
Der Film schildert die Ereignisse aus drei Blickpunkten. Einmal geht’s um die historischen Fakten. Dann um den
Post-Chefredakteur Ben Bradlee und seine Leute, die mit journalistischem Instinkt den heißen News hinterher jagten. Und schließlich um die Skrupel und den Mut von Kay Graham, die im Grunde gegen ihren Willen zur Konzernchefin wurde: Ihre Vorgänger (Kay Grahams Vater und ihr Ehemann) waren nicht mehr am Leben.
Steven Spielberg inszeniert das vielschichtige Dokudrama mit sicherem Gespür für Spannung und Tempo.
Tom Hanks, der in den meisten seiner Rollen ja bis heute eine Art jungenhaften Charme versprüht, agiert hier so erwachsen wie sonst selten. Sein Ben Bradlee ist ein machtbewusster, auch aufbrausender Zeitungsmann, der großen Druck erzeugen kann, damit die Storys, die er in der Zeitung sehen will, auch gedruckt werden.
Meryl Streep legt Katherine Graham (1917 – 2001) als urbane Intellektuelle an, die mit behutsamen Schritten den Weg zu großen Entscheidungen geht. Wenn sie im Finale grünes (oder auch rotes) Licht zur Veröffentlichung der
Pentagon Papers geben muss, ist der Film nicht nur ein Polit-, sondern auch ein Emanzipations-Drama. Denn die Verlegerin wird von einer Phalanx männlicher Berater umgeben, die sich erkennbar schwer tun damit, dass ihre oberste Chefin eine Frau ist.
Fazit: „Die Verlegerin“ bietet großes Kino, in dem herausragende Darsteller über wichtige Themen debattieren. All das macht den Film zu einer typischen Spielberg-Produktion der ernsten Art. Wobei diesem Schwergewicht von einem Film natürlich die augenzwinkernde Verspieltheit fehlt, die für die märchenhaften Abenteuer in Spielbergs Werk so charakteristisch ist.
IDEAL FÜR: Filmfreunde, die es schätzen, wenn ein reales Polit-Drama in Luxus-Besetzung auf die Leinwand kommt.