DIE STORY: Anne Gueguen (Ariane Ascaride) unterrichtet Geschichte und übernimmt die 11. Klasse eines Gymnasiums in dem Pariser Vorort Créteil. Dort regieren sozial prekäre Verhältnisse, weshalb die tagtägliche Arbeit für die Lehrerin zur echten Herausforderung wird. Hier geht es um kulturelle und sozialpolitische Konflikte, die mit einfacher Pädagogik nicht mehr zu bewältigen sind.
Doch Madame Gueguen ist ehrgeizig: Sie will diese Kids nicht ihrem Schicksal überlassen, sondern etwas Besonderes aus ihnen formen. Weshalb sie sie auch zu dem nationalen Wettbewerb über die französische Résistance anmeldet - konkret zum Thema „Kinder und Erwachsene im System der nationalsozialistischen Konzentrationslager“. Damit soll ihr Willen geweckt werden, mehr aus sich zu machen und etwas über die Geschichte ihrer Heimat Frankreich zu lernen.
DIE STARS: Eine Klasse voller Individuen (und unbekannter Schauspielgesichter) wartet in „Die Schüler der Madame Anne“ auf die Zuschauer - und all das eingebettet in schwierige soziale Konflikte. Stars gibt es hier viele - und keinen. Befindlichkeiten sind hier wichtiger als Ruhm.
DIE KRITIK: Frankreich als Hotspot für sozial miserable Verhältnisse kennt man im französischen Kino bereits seit Jahren. Spätestens die Unruhen in den Pariser Banlieues 2005 zeigten der Weltöffentlichkeit, wie akut die Probleme in der Grande Nation sind.
Regisseurin Marie-Castille Mention-Schaar hat sich dieser „True Story“ angenommen, um hinter die Kulissen des Lehrbetriebs und Schulalltags zu blicken, der zwar in Hinblick auf französische Verhältnisse sehr speziell nachkonstruiert wurde, prinzipiell aber für das Bildungssystem in ganz Europa stehen kann. Geschichtsbewusstsein ist nämlich nicht angeboren, und darob ein schönes Thema für den Unterricht, allerdings leider viel zu selten.
„Der Film zeigt, dass es möglich ist, selbst die störrischsten Schüler zu begeistern, wenn man sie ins Zentrum des pädagogischen Prozesses stellt“, meint die Regisseurin, der dafür in ihrer Umsetzung allerdings die nötige Verve fehlt. Stattdessen ist „Die Schüler der Madame Anne“ mehr pädagogischer Lehrfilm denn lässige Jugendkulturstudie.
Als Ergänzung für den Geschichtsunterricht ist Mention-Schaars filmische Exkursion daher hervorragend geeignet, nur eben nicht für einen launigen Kinobesuch. Dafür sind die Figuren auch zu exemplarisch, um nicht zu sagen schablonenhaft gewählt: Es gibt eine aggressive Mélanie (Noémie Merlant), eine schweigsame Théo (Adrien Hurdubae) oder einen jungen Muslim namens Ahmed Dramé.
Dennoch bleibt dieser Film ehrenwert: Der Optimismus, der sich schließlich bei allen als Mitreißer entpuppt, ist so falsch fürs Leben nicht. Selbst für eines, in dem es keine großartigen Perspektiven gibt.
IDEAL FÜR: Lehrer. Schüler.