DIE STORY: „Die Legende der Prinzessin Kaguya“ ist in Japan seit vielen Jahrhunderten bekannt. Ein Bambus-Sammler und seine Frau leben kinderlos, bis der Mann eines Tages in einem Bambusstamm eine kleine Puppe entdeckt. Die bringt er mit nach Hause, wo sie lebendig wird.
Da der Mann fortan Edelsteine und Gold in Bambusstämmen entdeckt, glaubt er daran, dass seine Tochter von den Göttern für ein besseres Leben auserwählt wurde. Das sieht die junge Dame aber ganz anders.
DER STAR: Den Regisseur Isao Takahata, der unglaubliche acht Jahre an seinem neuen Werk arbeitete, kennen in Europa nur beinharte Trickfilm-Fans. In Japan hat er einen ikonografischen Klang. Und auch in Hollywoods Trickfilmschmieden genießt Takahata größte Hochachtung. Animations-Meister wie John Lasseter, der Boss von Disney/Pixar, gestehen freimütig ein, gelegentlich Einflüsse aus Japan in ihre Mainstream-Werke aufzunehmen.
DIE KRITIK: Das Atemberaubende an der „Legende der Prinzessin Kaguya“ ist nicht so sehr die Geschichte. Auch andere Kulturkreise kennen das alte Märchen des Paares, das kinderlos bleibt und nun mit einem – zum Beispiel – Winzling beschenkt wird. Diese Wesen ziehen zumeist aus und müssen allerlei Abenteuer bestehen.
In der japanischen Variante geht es nicht so sehr um die Abenteuer, sondern eher um eine gesellschaftliche Parabel. Denn der Vater, der das Kind in einem Bambusstamm gefunden und mit nach Hause gebracht hat (wo es durch die Berührung der Mutter zu einem Menschenkind wurde), findet fortan immer mehr Reichtümer. Seine Schlussfolgerung: Die Götter wollen für Kaguya ein prächtiges, ein standesgemäßes Leben.
Und so lässt der Vater vom gefundenen Reichtum ein angemessenes Haus bauen, sein Kind in Dingen der Etikette unterrichten. Und schlussendlich alle möglichen reichen Männer um Kaguya freien. Allerdings will das Mädchen all das nicht wirklich. Und davon erzählt der Film in herzergreifend schlichten und dennoch betörend schönen Bildern.
Kaguya ist hin- und hergerissen. Sie will ihre Eltern nicht enttäuschen, aber auch ihrem eigenen Willen folgen. Und wie das in Märchen nun mal so ist, muss sie auch herausfinden, zu welchem Zweck sie überhaupt da ist.
Filmisch wird das wunderschön in zumeist pastellfarbenen Tönen mit einfachsten Pinselstrichen erzählt. Wenn Kaguya versucht, aus den Konventionen auszubrechen, verliert sie ihre Formen, bis nur noch ein Schatten übrig bleibt. Großes Animations-Kino, in dem jeder etwas für sich finden kann.
IDEAL FÜR: Liebhaber von japanischen Trickfilmen und für Menschen, die sich im Kino gern in fremde Welten träumen.