DIE STORY: Die Biografie „Der junge Karl Marx“ setzt im Jahr 1843 ein. Der Mittzwanziger Karl Marx (August Diehl) lebt mit seiner Frau Jenny (Vicky Krieps) in Armut in Düsseldorf. Der Mann hat den Kopf voller Ideen. Unermüdlich schreibt er einen Artikel nach dem anderen über das Elend auf der Welt. Aber nur selten kann er etwas veröffentlichen.
Als dann auch noch sein Leib- und Magenblatt „Rheinische Zeitung“ zugemacht wird, geht Marx nach Paris, wo er auf Friedrich Engels (Stefan Konarske) trifft, mit dem er sich anschickt, die Welt aus den Angeln zu heben.
DIE STARS: Der haitianische Regisseur Raoul Peck („I Am Not Your Negro“) hat für „Der junge Karl Marx“ ein gutes Händchen bei der Besetzung bewiesen. Der Film- und Bühnen-Star August Diehl („Inglourious Basterds“) ist der perfekte Karl Marx. Ein Dampftopf an revolutionären Ideen – immer auf höchster Stufe vor sich hin brodelnd.
Vicky Krieps (sie glänzte zuletzt in Marie Kreutzers Beziehungskomödie „Was hat uns bloß so ruiniert“) ist als Jenny Marx mit ihrer frischen Spielweise die eigentliche Sensation des Films. Und auch Stefan Konarske (sonst TV-Ermittler im Dortmunder „Tatort“) als Friedrich Engels macht eine sehr gute Figur.
DIE KRITIK: Karl Marx kennt man von seinen legendären Büchern wie dem „Kommunistischen Manifest“ oder „Das Kapital“. Und eventuell von einigen wenigen Fotos. Auf denen allerdings ist ein korpulenter bärtiger Mann zu sehen, der die Last der Welt auf seinen Schultern zu tragen scheint.
Aber jung? Karl Marx in jung? Es ist wirklich eine spannende Idee, der sich Raoul Peck da stellt. Woher weiß man überhaupt, wie Marx in der Jugend gewesen sein könnte? Peck stützt sich vor allem auf die Briefe, die sich Marx und sein bester Freund und Unterstützer Friedrich Engels (es gibt eine hinreißende Hörbuchausgabe, gelesen von Gregor Gysi und Harry Rowohlt) zeitlebens geschrieben haben.
Im Jahr 1843, mit dem „Der junge Karl Marx“ beginnt, ist das Elend in Europa groß. Den Arbeitern geht es immer schlechter. Sie fühlen sich ausgebeutet, sind kaum organisiert.
Mittendrin stecken zwei große Denker. Karl Marx im Rheinischen. Und Friedrich Engels in England. Marx geht die Dinge theoretisch an und überlegt, wie sich die Dinge ändern könnten, während der betuchte Engels in der eigenen Familie erleben kann, wie Ausbeutung funktioniert.
Als beide aufeinander treffen, was Raoul Peck fortan als klassisches Buddy-Movie (ungewöhnlich, aber warum nicht?) inszeniert, haben sich nicht nur zwei Menschen gefunden, die mit ihren Ideen die Zeiten überdauern. Hier sieht man Freunden beim Leben zu.
Das Duo Marx/Engels redet natürlich viel in diesem Film. Vielleicht an der einen und der anderen Stelle etwas zu viel. Aber Raoul Peck vergisst nicht, zu erwähnen, dass es sich hier um echte Menschen aus Fleisch und Blut handelt.
Er zeigt die beiden, wie sie Nächte durchsaufen und dabei debattieren. Wie sie das Elend der damaligen Zeit wahrnehmen und die Situation der Menschen verändern wollen. Wie Marx sich immer mehr zum packenden Redner entwickelt, während Engels eher im Hintergrund bleibt.
Vor allem aber setzt dieser unterhaltsame Film der Frau an Marx Seite ein großartiges Denkmal. Wie die aus reichen Verhältnissen stammende Jenny Marx die eigentlich drängende und manchmal auch mahnende Stimme in dieser Beziehung war, das hat man so noch nicht gesehen.
IDEAL FÜR: Menschen, die wissen wollen, wie Karl Marx wirklich war. Oder wie er gewesen sein könnte.