DIE STORY: Das Horror-Drama
„Der Babadook“ handelt von einem gruseligen Kinderbuch-Monster, dem die alleinerziehende Mutter Amelia Vannick (Essie Davis) und ihr kleiner Sohn Samuel (Noah Wiseman) begegnen, nachdem sie dem Jungen aus dem Buch vorgelesen hat.
Die Gestalt kommt immer und immer wieder, wenn man sie, wie die Vannicks, einmal hereingebeten hat. Nichts, das Amelia ausprobiert, hilft irgendwie. Der Babadook scheint mehr und mehr Gewalt über ihr Leben zu bekommen. Aber vielleicht hat die Kleinfamilie noch eine Chance, wenn sie sich den Geistern der Vergangenheit stellt.
DIE STARS: Die australischen Schauspieler Essie Davis als Mutter und Noah Wiseman als ihr Sohn Samuel machen ihre Sache ordentlich. Aber gegen das Gruselwesen Babadook kommen sie beim besten Willen nicht an.
Es gab in den letzten Jahren wahrhaft nicht viele ikonografische Gruselgestalten. Doch dieses Geschöpf aus einem Kinderbuch, das sich mehr und mehr vom Leben derer greift, die das Buch lesen, schraubt sich ins Gehirn des Zuschauers. Man wird das Monster so schnell nicht vergessen.
Die australische Autorin/Regisseurin Jennifer Kent ist gelernte Schauspielerin (sie hatte eine kleine Rolle in „Ein Schweinchen namens Babe“). Sie assistierte Lars von Trier bei der Produktion von „Dogville“. „Der Babadook“ ist ihr erster Kino-Spielfilm.
DIE KRITIK: Leider – und zu Teilen dann doch wieder sehr zu recht – gehört das Grusel- und Horror-Genre zu den am meisten unterschätzten und belächelten Sparten des Films. Hunderte Filme erscheinen jedes Jahr auf DVD und Blu-ray. Dutzende kommen ins Kino. Und fast alle sind von erschreckend banaler Qualität.
Meist genügt es den Filmemachern, dem Zuschauer einen ordentlichen Schrecken einzujagen. Die wenigsten Horror-Regisseure sind so schlau oder beflissen, den Zuschauern etwas mehr an die Hand zu geben. So wie hier bei „Der Babadook“.
Regisseurin Jennifer Kent hat in ihrem ersten langen Spielfilm einfach mal alles richtig gemacht. Zuerst zeigt sie dem Zuschauer in langen Einstellungen, die ein wenig Geduld erfordern, zwei Personen am Rande der Verzweiflung. Samuel (Noah Wiseman) ist ein sehr anstrengendes Kind. Immer wieder wird er auffällig, ob nun in der Schule oder in der Familie. Seine Mutter Amelia (Essie Davis) lebt in einem Dauer-Trauer-Zustand. Denn als Samuel zur Welt kam, starb sein Vater. Dieses Unglück hat Amelia nie verarbeiten können.
Eines Tages darf sich Samuel als Gute-Nacht-Geschichte ein Buch aus dem großen Bücherschrank aussuchen. Er wählt ein Buch mit einer schwarzen scherenartigen Gestalt auf dem Einband. Schon nach den ersten beiden Seiten wissen beide, dass es keine gute Idee war, dieses Buch, „Mister Babadook“, zu öffnen und daraus vorzulesen. Denn die titelgebende Figur. kommt immer wieder zurück.
Anfangs sorgt das Gruselwesen mit Geräuschen für Schrecken. Zuerst kann ihn nur Samuel sehen und hat Angst vor ihm, bis auch Amelia der blanke Horror packt.
Die übliche Horrorfilm-Formel sieht nun vor, dass die Gequälten sich bei einer Geister-Instanz um Rat bemühen, den Tipp anwenden und nach einigen dramaturgisch bedingten Rückschlägen Erfolg haben.
„Der Babadook“ verweigert sich dieser Formel zum Glück total. Zwar gibt es sie, die herrlichen Schockmomente, die jeder Horrorfan so liebt. Aber der Film entwickelt sich mehr und mehr zu einer einzigartigen Arthaus-Horror-Reise. An deren Ende steht eine Konfrontation mit dem Grauen, die man so – selbst als erfahrener Kinogänger – nicht vorhersehen kann. Und das Finale ist derart brillant, dass man es von mehreren Seiten anschauen kann und immer etwas Neues entdeckt. Bis man versteht, worum es Jennifer Kent in diesem besten Trauerfilm seit vielen vielen Jahren eigentlich geht.
IDEAL FÜR: alle Kinogänger, die glauben, im Grusel- und Horrorbereich schon alles gesehen zu haben. Hier kann man sich vom Gegenteil überzeugen.