Demolition - Lieben und Leben

Zertrümmerte Wände - vereiste Gefühle


FilmClicks:
Die Trauer brachte sie zusammen: Naomi Watts und Jake Gyllenhaal in „Demolition“ © ABC Verleih
DIE STORY: Ein schwerer Autounfall in New York ist der Auslöser des Dramas „Demolition – Lieben und Leben“, das auf einem sehr ungewöhnlichen Grundkonflikt beruht.
Nach dem Unfalltod seiner Frau offenbart der Investmentbanker Davis (Jake Gyllenhaal) seine Gefühle – die er verbal nicht zu äußern vermag – in Briefen an die Beschwerdestelle einer Firma, von der er sich schlecht behandelt fühlt. Dort werden die Poststücke nicht im Papierkorb entsorgt, sondern von einer einfühlsamen Frau namens Karen (Naomi Watts) gelesen, die irgendwann Kontakt mit dem Briefschreiber aufnimmt.
Es entsteht ein fesselndes Psychodrama, in dem auch Muskelkraft gefragt ist. Denn neben  verhärteten Gefühlen geht auch so manches Möbelstück und so manche Hauswand zu Bruch (daher der Titel „Demolition“). Davis, der noch unschöne Geheimnisse über seine verstorbene Gemahlin erfährt, findet im Umgang mit Karen – und mit deren verhaltenauffälligem Sohn Chris – langsam wieder den Weg zu sich selbst zurück.

Davis (Jake Gyllenhaal) und der junge Chris (Judah Lewis) beim Demolieren © ABC Verleih

DIE STARS: „Demolition“ ist ein Film, dessen Darsteller höchst eindrucksvoll agieren. Jake Gyllenhaal, seit dem Western „Brokeback Mountain“ (Oscar-Nominierung) einer der Topstars des jungen Hollywood-Kinos, beweist hier wieder einmal seine Vorliebe für Rollen, die aus dem gewohnten Rahmen fallen. Auch Naomi Watts („21 Gramm“, „King Kong“) wechselt gern zwischen Arthaus- und Blockbuster-Produktionen.
Mit Chris Cooper (in der Rolle von Jake Gyllenhaals Schwiegervater) ist ein führender Darsteller des US-Independent-Kino im Einsatz; mit dem 14-jährigen Judah Lewis ein großes Nachwuchs-Talent.
Der kanadische Regisseur Jean-Marc Vallée drehte zuletzt anspruchsvolle Hits wie das Drogen-Drama „Dallas Buyers Club“ und das Wanderschafts-Road-Movie „Wild“ mit Reese Witherspoon.   

„Erst auseinandernehmen, dann zusammensetzen“: Davis mit Schwiegervater Phil (Chris Cooper) © ABC Verleih

DIE KRITIK: Wie heilt man ein ramponiertes Herz? Phil (Chris Cooper), der Schwiegervater des „Demolition“-Protagonisten Davis, hat da eine ganz eigene Idee: „Das menschliche Herz reparieren ist wie ein Auto reparieren. Du musst erst alles auseinandernehmen, dann kannst Du das Ganze wieder zusammensetzen.“
Jake Gyllenhaal als Davis nimmt sich diesen Ratschlag zu Herzen, sozusagen. Frisch verwitwert und unfähig, zu trauern („jetzt, wo sie weg ist, spüre ich keinen Schmerz“) begeht er zwei Wege, um mit seinen eingefrorenen Emotionen fertigzuwerden.
Einerseits kehrt er in den Beschwerdebriefen an eine Verkaufsautomaten-Firma sein Innerstes nach außen (obwohl er nicht die geringste Ahnung hat, wer seine Post dort liest). Und andererseits entdeckt er die befreiende Wirkung des Auseinandernehmens.
Mit einem tropfenden Kühlschrank fängt er an. Das Zerlegen des Geräts klappt prächtig. Allerdings muss Davis dann erkennen, dass er den Kühlschrank nicht nur nicht reparieren, sondern auch nicht mehr zusammensetzen kann. Dennoch erlebt er die Zerstörung als belebende Kraft. Was ihn bald nach neuen Objekten zum Auseinandernehmen suchen lässt.
All das klingt einigermaßen absurd. Die große Leistung des Films von Jean-Marc Vallée ist es aber, dass man trotzdem immer tiefer in die „Demolition“-Story hineingezogen wird. Kunstgriff Nummer eins dabei: Mit Naomi Watts als Karen und deren schwierigem Teenager-Sohn Chris (Judah Lewis) werden dem unterkühlten Davis zwei Figuren voll prallem Leben gegenübergestellt. Kunstgriff zwei: Davis‘ Zerstörungswerk ist natürlich stets eine Metapher für den Niedergang des alten und die Hoffnung auf den Aufbau eines neuen Lebens. So bekommt die Absurdität langsam einen Sinn.   
Über weite Strecken handelt der steinreiche Banker Davis aber wie ein Sponti aus der 68er-Generation: Gemäß dem Slogan „Macht kaputt, was euch kaputtmacht“. Beim Witwer ist dies die eheliche Villa. Bald nähert er sich dem Mobiliar mit dem Vorschlaghammer. Und dann rückt er – Geld ist ja kein Thema – mit einer Planierraupe an, um sein Zerstörungswerk zu vollenden. Karens Sohn Chris wird ihm dabei nicht nur zum Helfer, sondern auch zum jugendlichen Freund.
So handelt „Demolition“ immer stärker vom Demolieren, was hier aber kein destruktiver Selbstzweck ist. Davis und seine neuen Vertrauten Karen und Chris finden im Trümmerhaufen ihres Lebens allmählich neuen Halt. Auch wenn sie durch schreckliche Konflikte gehen müssen. Aber die ramponierten Herzen werden schlussendlich repariert. Zumindest ein bisschen.    
 
IDEAL FÜR: Freunde von toll gespielten Seelendramen, deren Story auch mal aus dem Rahmen fallen darf.






Trailer
LÄNGE: 100 min
PRODUKTION: USA 2015
KINOSTART Ö: 17.06.2016
REGIE:  Jean-Marc Vallée
GENRE: Drama
ALTERSFREIGABE: ab 12


BESETZUNG
Jake Gyllenhaal: Davis
Naomi Watts: Karen
Judah Lewis: Chris
Chris Cooper: Phil