DIE STORY: Die Doku „Democracy – Im Rausch der Daten“ wirft einen Blick ins innere Gefüge der EU – anhand der komplizierten Verhandlungen über eine Europäische Datenschutzverordnung.
Zwar trat die Vollversammlung des Europäischen Parlaments im März 2014 mit einer Mehrheit von 95 Prozent der Stimmen für ein Kompromisspapier zum Datenschutz ein, doch das bedeutete noch nicht das Ende der Verhandlungen.
Der Film lässt den Fortgang der Dinge offen. In der Realität wurde am 15. Dezember 2015 (weit nach Drehschluss von „Democracy“) eine Einigung zwischen EU-Ministerrat, Europäischem Parlament und EU-Kommission erzielt. Die EU-Datenschutzreform soll jetzt bis April 2016 im Plenum des EU-Parlaments beschlossen werden.
DIE STARS: Eine Dokumentation über wichtige Rechtsvorschriften hat naturgemäß keine Stars. „Democracy“ stellt aber zwei Akteure so stark in den Mittelpunkt, dass ihnen quasi der Film gehört. Dies sind Jan Philipp Albrecht, ein junger deutscher Abgeordneter der Grünen-Fraktion im EU-Parlament, der als sogenannter Berichterstatter die Gespräche zum Thema Datenschutz vorantrieb. Und die Luxemburgerin Viviane Reding, die von 2010 bis 2014 als EU-Kommissarin für das Ressort Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft zuständig war.
Regisseur David Bernet stammt aus der Schweiz, lebt in Deutschland und studierte unter anderem in Wien.
DIE KRITIK: Wenn eine Doku das Wort „Rausch“ im Untertitel führt (und sei es nur der „Rausch der Daten“), lässt das eine saftige und deftige Reportage erwarten. Das ist bei „Democracy – Im Rausch der Daten“ allerdings definitiv nicht der Fall. Regisseur David Bernet hat eine knochentrockene Polit-Doku gedreht. In der geht es weniger um Inhalte (welche Daten sollen durch den europäischen Datenschutz geschützt werden?) als um den parlamentarischen Weg zu diesem Schutz. Zu einem Text für die entsprechende Verordnung.
Die virtuellen Datenberge, die bei Konzernen und Geheimdiensten so große Begehrlichkeiten wecken, liefern also nur den Anlass des Films. Wer sich über persönlich nutzbare Fakten in Sachen Datenschutz informieren will, wird enttäuscht. Wer allerdings einen Einblick in das gesetzgeberische Räderwerk der Europäischen Union gewinnen möchte, wird in „Democracy“ reich bedient.
Man begegnet auf der Leinwand den Mandataren, den Lobbyisten und den Bedenkenträgern, die eine geplante Rechtsvorschrift in die eine oder die andere Richtung zerren wollen. Man begleitet die Filmemacher in unzählige Sitzungen, Frühstückstermine und Pressekonferenzen, wo in winzigkleinen Schritten an den Vorlagen gefeilt wird.
Kurzum: Man bekommt hautnah (und in jeder Hinsicht erschöpfend) mit, warum die europäische Gesetzgebung meist so ein furchtbar langwieriger Prozess ist, an dessen Ende fast immer ein Kompromiss steht. Es müssen halt stets die Interessen von 28 Mitgliedsstaaten und von den unterschiedlichen politischen Lagern unter einen Hut gebracht werden. Und obendrein müssen sich die EU-Abgeordneten auch der zahllosen Lobbyisten erwehren, die – so vermittelt es der Film – fleißig daran schrauben, aus dem Vereinten Europa eine Union der Konzerne zu machen.
IDEAL FÜR: Juristen und Europa-Aktivisten.