Das erstaunliche Leben des Walter Mitty

Graue Maus und Abenteurer


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Ein ganzer Kerl: Walter Mitty (Ben Stiller) und seine Flamme Cheryl (Kristen Wiig) © 20th Century Fox
DIE STORY: Der unscheinbare Walter Mitty (Ben Stiller), Foto-Redakteur beim legendären Reportage-Magazin „Life“, ist ein ewiges Opfer des Gespötts im Büro. Auch seine Kollegin Cheryl (Kristen Wiig), die er heimlich anhimmelt, nimmt ihn kaum wahr. Doch in Tagträumen schwingt sich der linkische Mann zu Heldentaten auf. Als eines Tages ein Bild des berühmten Fotografen Sean O`Connell (Sean Penn) verloren geht, das für die allerletzte „Life“-Titelseite vorgesehen ist (das Blatt kapituliert vor dem Internet) - da beginnt es, das „erstaunliche Leben des Walter Mitty“. Er macht sich auf die Suche nach dem Foto und dem Fotografen, der ständig durch die ganze Welt zieht. Nicht nur einmal springt Mitty dabei dem Tod von der Schaufel – und sammelt in Grönland, Island oder Afghanistan Eindrücke, die ihn für immer prägen.
DIE STARS:  Komödien-Superstar Ben Stiller („Nachts im Museum“, „Verrückt nach Mary“) spielt als Walter Mitty die vielleicht beste Rolle seiner Karriere. Mit grenzenloser Subtilität überspringt er die Grenzen zwischen Kleinmut und Heldenmut, zwischen grauer Maus und strahlendem Abenteurer. In beiden Schattierungen seiner Existenz ist dieser Walter Mitty ein liebenswerter, aufrichtiger und ernsthafter Mann. Kristen Wiig („Brautalarm“) braucht freilich ein wenig Zeit, bis sie erkennt, dass der sanfte Mr. Mitty nicht nur als Kollege, sondern auch als Gefährte viel zu bieten hat. Sean Penn errichtet ein Denkmal für all die großen Pressefotografen, die auf der Jagd nach dem besten Bild keine Gefahr und keine Hindernisse kennen. Shirley MacLaine hat eine schöne Episodenrolle als Walter Mittys Mutter.
KURZKRITIK: Ben Stiller ist bei „Walter Mitty“ auch sein eigener Regisseur. Er inszeniert das Drama des Schüchterlings, der zum Mann der Tat mutiert, als großes Abenteuerkino voller magischer und märchenhafter Momente. Wenn Walter Mitty aus einem Hubschrauber ins Eismeer springt, wenn er mit dem Skateboard durch Island rast oder wenn er in letzter Sekunde vor einem Vulkanausbruch gerettet wird, dann bleibt einem vor Spannung und Vergnügen schon mal der Mund offen stehen. Obendrein ist der Film eine melancholische Reflexion über die Umbrüche in der Medienwelt: Das edle Magazin „Life“, dessen Stil über Jahrzehnte den (Foto-)Journalismus prägte, gibt es nicht mehr. Es ist längst zum Opfer des Online-Booms geworden.
IDEAL FÜR: alle, die einen der mitreißendsten Filme des Produktions-Jahrgangs 2013 genießen wollen.  Für den Rezensenten ist „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ der Favorit für den Titel des Films des Jahres.
FilmClicks Kritik.  Wenn der Starfotograf Sean O’Connell (Sean Penn) neue Arbeiten an das „Life“-Magazin schickt, dann herrscht in der Redaktion helle Aufregung. Diesmal ganz besonders: Die Printausgabe des Journals wird eingestellt, und ein O’Connell-Foto soll die letzte Titelseite schmücken.
 
Der eigenwillige Fotokünstler hat pünktlich frische Negative an den Verlag in New York geschickt (er fotografiert noch nicht digital!), und ein kleines Geschenk für seinen langjährigen Archiv-Betreuer Walter Mitty (Ben Stiller) dazu: Der scheue Bildredakteur, der in einem dunklen Raum über die Fotoschätze wacht, bekommt zum Abschied eine schöne Brieftasche. Obendrein hat O`Connell eine präzise Anweisung erteilt: Er will, dass aus seiner Sendung das Foto Nummer 25 zum „Life“-Titelbild werden soll. Nur, zu blöd: Das Foto Nummer 25 ist weg. Verschwunden. Unauffindbar.
 
Dem Traumtänzer Walter Mitty tut das nicht gut. Der schüchterne Tollpatsch,  der eh jeden Tag die Hänseleien seiner Kollegen ertragen muss, wird jetzt für einen schweren Fehler verantwortlich gemacht. Mitty trüge Schuld am Scheitern der letzten „Life“-Ausgabe, wenn das Bild nicht mehr auftaucht. Drum taucht der Mann ein in eine Welt, die ihm bisher verborgen blieb: Ins wirkliche Leben. Er will den Fotografen (und damit das Foto) finden. Dummerweise ist dieser O’Connell ein Abenteurer ohne festen Wohnsitz. Die erste Spur führt nach Grönland.
 
Die Reise entwickelt sich bald zu einer Art Rätsel-Rallye: Wo immer Walter Mitty ankommt, ist Sean O’Donnell gerade abgereist.  Der Termindruck steigt, die Auswahl von Transportmitteln sinkt: Als Mitty in Grönland erfährt, O`Donnell sei zu Schiff unterwegs nach Island, vertraut er sich einem Heli-Piloten an, der vor dem Abflug die kompletten Alkohol-Vorräte der nördlichen Hemisphäre geschluckt zu haben scheint. Als er den beduselten Luftkutscher fragt, wie der Hubschrauber auf dem Schiff landen soll, schüttelt der nur den Kopf: „Gar nicht.“ Also springt Mitty ins eiskalte Nordmeer. Und wird gerettet. Und erfährt, dass der Fotograf auch den Dampfer längst wieder verlassen hat. Nächstes Ziel: Island.
 
Ein Hubschrauber, ein Schiff, ein Sprung: Der Mann in der Luft ist Walter Mitty © 20th Century Fox

Wie es so ist, wenn ein Mensch sich großen Herausforderungen stellt, wird Mitty durch seine Abenteuer nicht ängstlicher, sondern er wächst. Auf einmal bekommt er den klaren Blick, den er zuvor nur aus seinen Tagträumen kannte. Zwar findet er (noch) keinen O’Donnell, aber er findet sich selbst. In seiner Umwelt wird das registriert. Redaktionskollegin Sheryl (Kristen Wiig), die Mitty bisher nicht einmal ignorierte,  nimmt ihn auf einmal als interessanten Gesprächspartner wahr.
 
Die nächste Spur führt dann nach Afghanistan. Dort, in einer eher explosiven Zone, trifft der Bildredakteur endlich den Fotografen. Es ist eine Begegnung zwischen Lehrling und Lehrmeister, die auf gegenseitiger Achtung beruht. Das Rätsel um Bild 25 wird gelöst. Und der Fotograf O’Donnell verrät dem Bildredakteur Mitty ein Geheimnis über das Entstehen großartiger Fotos: „Manchmal, in bestimmten Momenten, drücke ich nicht ab“.
 
Der Regisseur Ben Stiller hat, um im Bild zu bleiben, stets zum richtigen Moment abgedrückt. Oder abdrücken lassen:  Kameramann Stuart Dryburgh (er war bei Jane Campions Oscar-Sieger „Das Piano“ genauso im Einsatz wie bei Roman Polanskis Oscar-Sieger „Der Pianist“) drehte einen schwelgerisch schönen Film, der die Dramatik der Natur perfekt mit der Dramatik der Story verbindet. Das famose Ensemble agiert wie aus einem Guss. Und das Finale? Ben Stiller und sein Autor Steve Conrad haben sich etwas ganz Besonderes einfallen lassen.
 
Fazit: Die Aufforderung, dass man seine Träume nicht nur träumen, sondern gefälligst auch ausleben soll, gehört ja zu den Lieblings-Botschaften des Kinos. Hier wird sie dem Publikum mit betörenden Schauwerten in die Seele geträufelt.





Trailer
LÄNGE: 115 min
PRODUKTION: USA 2013
KINOSTART Ö: 03.01.2014
REGIE:  Ben Stiller
GENRE: Drama
ALTERSFREIGABE: ab 6


BESETZUNG
Ben Stiller: Walter Mitty
Sean Penn: Sean O'Connell
Kristen Wiig: Cheryl Melhoff
Shirley MacLaine: Edna Mitty