Das Geheimnis von Neapel

Ein Thriller voller Sinnlichkeit


FilmClicks:
„Das Geheimnis von Neapel“: Giovanna Mezzogiorno und Alessandro Borghi © Polyfilm
GESAMTEINDRUCK: „Das Geheimnis von Neapel“ ist eine alle Sinne betörende Kombination aus Kriminalfilm, Psychodrama und Stadtporträt, in welcher die Thriller-Handlung freilich irgendwann versickert.
 
DIE STORY: Die Neapolitanerin Adriana (Giovanna Mezzogiorno) lernt bei einem traditionellen Ritus, der Figliata (ein Mann bringt in diesem Spiel ein Baby zur Welt) einen Mann namens Andrea (Alessandro Borghi) kennen, mit dem sie spontan eine sehr erotische Nacht verbringt. Die beiden wollen einander wiedertreffen, doch Andrea erscheint nicht zur Verabredung. Als Adriana, von Beruf Gerichtsmedizinerin, tags darauf ein Mordopfer obduzieren soll, stellt sie an einem Tattoo fest,  dass die grausam zugerichtete Leiche Andrea sein muss. Wer ist der Mörder? Ein Berufskiller? War es ein Racheakt? Oder hat Adriana gar selbst etwas mit der Tat zu tun?

Mysteriöses Neapel: Der Ritus einer Figliata © Polyfilm

DIE STARS: Die Römerin Giovanna Mezzogiorno zählt zu den Stars der italienischen Schauspiel-Szene (2005 Auszeichnung als beste Schauspielerin beim Festival Venedig). International wurde sie spätestens 2007 durch die weibliche Hauptrolle in „Die Liebe in den Zeiten der Cholera“ bekannt. Ihrem Filmpartner Alessandro Borghi gelang der Durchbruch in der Rolle des Gangsters Aurelio Adami im Film und der anschließenden TV-Serie „Suburra“.  
Der türkisch-italienische Regisseur Ferhan Ozpetek drehte Erfolge wie „Hamam – Das türkische Bad“, „Das Fenster gegenüber“ oder die Komödie „Männer al dente“.

Strahlend schönes Neapel: Die Stadt spielt eine wichtige Rolle im Film © Polyfilm

DIE KRITIK: Im famosen Thriller „Fahr zur Hölle, Liebling“ aus dem Jahr 1975 gibt‘s eine Szene, in welcher der Privatdetektiv Philip Marlowe, gespielt von Robert Mitchum, mit einem Gangster namens Moose Malloy telefoniert.  Das hört sich sinngemäß ungefähr so an: Marlowe: „Wo bist du?“ – Malloy: „In einem Versteck.“ – Marlowe: „Wo ist das?“ – Malloy: „Da, wo mich niemand findet!“
Dieser Dialog würde prächtig zu Ferhan Ozpeteks „Das Geheimnis von Neapel“ passen. Der Regisseur streut nicht nur eines, sondern eine ganze Reihe von Geheimnissen aus. Doch er versteckt deren Hintergründe und scheint kaum Interesse daran zu haben, das Publikum die Lösungen finden zu lassen.
Zu Beginn schaut alles nach einem astreinen Thriller aus. Auf die Idee, dass eine Ärztin bei einer Obduktion erkennt, dass sie ihren eigenen Lover aufschneiden soll, muss man erst mal kommen. Dann der Auftritt der Polizei, die Fragen nach dem Täter. Doch während man sich als Zuschauer gemütlich in einem klassischen Whodunit einrichtet, schlägt Regisseur Oztepek längst andere Richtungen ein.
Er schenkt den Bildern der Stadt Neapel, die hier immer wieder als wilde Schönheit eingefangen wird, breiten Raum. Er gewährt tiefe Einblicke ins neapolitanische Brauchtum und in die Gedankenwelt der Großbürger, die seiner Geschichte den Rahmen geben.  Da geht’s um Kunst und Kult; um Intellekt und Aberglauben, aber auch um familiäre Geheimnisse aus der Vergangenheit, welche die Protagonisten bis in die Gegenwart belasten.
Wer nur den Thriller sehen will, den man anfangs versprochen bekommt, wird sich mit der Zeit vielleicht enttäuscht abwenden. Doch wer das italienische Lebensgefühl liebt, kann vom „Geheimnis von Neapel“ fast magisch angezogen werden.  Der Film ist eine Liebeserklärung an das Land sowie an die Stadt und ihre Menschen. Manchmal scheint Federico Fellini um die Ecke zu schauen, manchmal Paolo Sorrentino, der für das ähnlich gelagerte Kino-Essay „La grande belleza“ 2014 den Oscar gewann.
Und der Mordfall? Ferhan Ozpetek baut der Story im Finale mit leichter Hand noch einmal eine Wendung ein, die den Zuschauer grinsen lässt ob ihrer Vieldeutigkeit. Da sieht man dann, wie es bei Bertolt Brecht heißt, „den Vorhang zu und alle Fragen offen.“
 
IDEAL FÜR: Liebhaber feiner Filmwaren aus Italien.






Trailer
LÄNGE: 113 min
PRODUKTION: Italien 2017
KINOSTART Ö: 24.08.2018
REGIE:  Ferzan Ozpetek
GENRE: Drama|Thriller
ALTERSFREIGABE: ab 16


BESETZUNG
Giovanna Mezzogiorno: Adriana
Alessandro Borghi: Andrea
Anna Bonaiuto: Adele
Peppe Barra: Pasquale