DIE STORY: Kino zum gepflegten Gruseln. In „Crimson Peak“ – einem schaurig schönen Landsitz mitten im Nirgendwo in England – zieht die attraktive Amerikanerin Edith Cushing (Mia Wasikowski) ein. Gemeinsam mit ihrem frisch angetrauten Gatten Sir Thomas Sharpe (Tom Hiddleston).
Im Haupthaus, Allerdale Hall, führt die Schwester von Thomas, die elegante und zugleich sehr strenge Lucille (Jessica Chastain) das Zepter. Irgendeine finstere Geschichte scheint Bruder und Schwester zu verbinden. Hinter die muss Edith kommen. Warum? Um zu überleben. Oder warum sollte der Geist ihrer früh verstorbenen Mutter ihr sonst zugeflüstert haben: „Hüte Dich vor Crimson Peak – huhu!“.
DIE STARS: Der mexikanische Meisterfilmer Guillermo del Toro, der sich in „Hellboy“ und vor allem „Pan`s Labyrinth“ mit grotesken Wesen und fantasievollen Welten austobte, zaubert wieder einen Ausflug auf die Leinwand, der optisch Weltklasse ist. Crimson Peak, das titelgebende Anwesen mit dem gespenstischen Haus Allerdale Hall, ist der eigentliche Star des Films. Wie del Toro ihm eine Seele einhaucht, es atmen und ächzen lässt, das ist betörend schön und schaurig zugleich.
Die Schauspieler geben sich redlich Mühe. Bei Tom Hiddleston (Loki in „Avengers“) und Jessica Chastain („Mama“) gelingt dies sehr gut. Ihre Gegenspieler Charlie Hunnam („Pacific Rim“ und beinahe „50 Shades of Grey“, wenn er da nicht abgesprungen wäre) sowie Mia Wasikowska („Tracks“) bleiben seltsam blass.
DIE KRITIK: Das wohl gruseligste Haus der kompletten Horror-Grusel-Welt wurde schon vor vielen, vielen Jahren erfunden und „Crimson Peak“ nimmt wunderbar darauf Bezug. Edgar Allen Poe beschrieb dieses Ur-Horror-Haus 1839 in der Erzählung „Der Untergang des Hauses Usher“.
Regisseur Guillermo del Toro widmet so einem Haus nun volle zwei Stunden. Die Geschichte ringsherum scheint den Mexikaner nicht sonderlich zu interessieren. Er bringt sie schnell und wenig liebevoll hinter sich.
Bevor der Film auf dem herrschaftlichen Anwesen Crimson Peak ankommt (Kennzeichen: weißer Schnee im Winter und blutroter Boden), erzählt er in aller Kürze die Geschichte von Edith Cushing (Mia Wasikowski).
Die wächst wohlbehütet am Anfang des 20. Jahrhunderts in Amerika auf. Ihre Mutter, schon sehr zeitig gestorben, erscheint ihr regelmäßig als Geist und warnt sie, dass sie sich vor eben dem Anwesen in Acht nehmen soll, auf dem sie wenig später landet. Dorthin gelangt sie, als Sir Thomas Sharpe (Tom Hiddleston) um ihre Hand anhält.
Dieser gut aussehende Engländer kommt eines Tages in die Stadt, um Geld einzuwerben für eine Bergbau-Erfindung. Ediths Vater lehnt Thomas und sein Ansinnen ab, was ihn bald das Leben kosten wird.
Schon zu Beginn des Films gibt Guillermo del Toro das aus der Hand, was solch einen Schreckens-Film eigentlich ausmacht: Spannung. Denn bereits in der ersten Szene mit Edith, Thomas und dessen Schwester Lucille (Jessica Chastain) genügt ein Blick - und alles liegt offen. Wer hier mit wem interagiert. Wer Opfer sein wird und wer Täter. Darüber kann man sich trefflich ärgern. Aber auf der anderen Seite steht dem eigentlichen Zuschau-Vergnügen nun nichts mehr im Wege.
Anders als beim Grusel-Vergnügen „Mama“, das del Toro als Produzent auf den Weg brachte und Spannung bis zur letzten Minute bot, kann sich der Zuschauer zurücklehnen und sich in aller Ruhe anschauen, was der Regisseur aus diesem Haus gemacht hat.
Es steht auf schwankendem Boden, da unter ihm Rohstoffe abgebaut werden. Ständig gibt das alte Gemäuer – es wurde in Toronto im Studio nachgebaut – Geräusche von sich. Es ächzt und wimmert, immer wieder wummert etwas leise oder ein altes Fenster schlägt zu.
Die Räume sind phantastisch ausgestattet. Hin und wieder rauscht ein blutiges Gespenst durch die Flure. Da entsteht leiser intensiver Grusel, wie er schon in den 40er und 50er Jahren in alten Schwarz-Weiß-Filmen zu sehen war.
Edith, Thomas und Lucille, das Trio Infernale, findet dort zusammen. Die sehr naive Edith muss lernen, wem sie vertrauen darf und wem nicht. Als sie es verstanden hat, schleicht sich noch ein Quentin-Tarantino-Finale („Kill Bill“-Phase) in diesen wunderschönen, aber auch sehr eigenartigen Film. Und die Erkenntnis – auch nicht eben neu – dass wahre Liebe über den Tod hinaus andauert. Fakt ist: Edgar Allen Poe hätte „Crimson Peak“ sehr gut gefallen.
IDEAL FÜR: erwachsene Zuschauer, die sanften Grusel mögen und sich an wunderschönen Kostümen und tollen Bauten erfreuen.