GESAMTEINDRUCK: „Colette“ ist ein kurzweiliges Filmporträt einer der erfolgreichsten Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts, das zwar angesichts der realen Figur etwas weichgespült wird, dank der famosen Hauptdarstellerin Keira Knightley aber sehenswert ist.
DIE STORY: Das Biopic erzählt die Geschichte der französischen Erfolgsautorin Sidonie-Gabrielle Claudine Colette (1873 – 1954): Als Ehefrau des angesehenen Literaten Henry Gauthier-Villars alias Willy (Dominic West) steigt sie zur Grande Dame der Pariser Society auf. Doch hinter den Kulissen brodelt es: Willy frönt den Affären und dem Alkohol, lässt Colette als Ghostwriterin seine Bücher schreiben und streift für ihre anonyme Arbeit die Lorbeeren ein. Als sie nicht weiter in zweiter Reihe stehen will, kommt es zum offenen Konflikt.
DIE STARS: Keira Knightley (33) machte sich mit der Disney-Reihe „Fluch der Karibik“ einen Namen, bevor sie mit Filmen wie „Stolz und Vorurteil“ oder „Anna Karenina“ ins dramatische Fach wechselte. Zuletzt war die Britin im Weihnachtshit
„Der Nussknacker und die vier Reiche“ zu sehen. Wie Colette sieht sich auch Knightley als Feministin und setzt sich öffentlich für Frauenrechte ein.
Ihr Partner Dominic West (49), ebenfalls Brite, ist in seiner Heimat aus zahlreichen Theater- und Filmproduktionen bekannt. Für den zweiteiligen TV-Film „Appropriate Adult“ sicherte er sich 2012 einen BAFTA-Award als bester Hauptdarsteller.
DIE KRITIK: Keira Knightley spielt oft und gern historische Kostümfilme. Und selbst wenn es sie nervt, bisweilen auf diese Schublade reduziert zu werden, ist ihr „Colette“ einmal mehr wie auf den Leib geschrieben. Im Biopic gibt sie die Französin Sidonie-Gabrielle Colette, die nicht nur durch ihre Bestseller-Romane, sondern auch ihre unkonventionelle Lebensweise in die Literaturgeschichte einging.
Am Land aufgewachsen, sieht die junge Frau im deutlich älteren Autor Willy (Dominic West) ihre Eintrittskarte in die Pariser High Society. Doch das Leben im Rampenlicht fordert Tribut: Willy betrügt sie nach Strich und Faden, verprasst das Geld für Alkohol. Als sein Verlag ein neues Buch einfordert, ihm aber nichts einfällt, zwingt er Colette kurzerhand, Ghostwriterin zu spielen. Mit „Claudine“ schreibt die ihm zwar prompt den Hit seines Lebens, will aber nicht hinnehmen, dass sich Willy dafür feiern lässt. Das irritiert den Lebemann fast noch mehr, als dass sich seine Ehefrau vor seinen Augen in eine seiner Eroberungen verliebt.
Über Colette gäbe es viele Geschichten zu erzählen, doch Regisseur Wash Westmoreland (
„Still Alice“), der das Drehbuch mit seinem inzwischen verstorbenen Ehemann Richard Glatzer geschrieben hat, konzentriert sich ganz bewusst auf die Anfänge ihrer Karriere. In bester Coming-of-Age-Manier zeigt er ihre Wandlung vom aufmüpfigen Teenager zur selbstbewussten Powerfrau: Die langen Zöpfe weichen einer frechen Kurzhaarfrisur, ihrem Machosprüche klopfenden Ehemann („Keiner liest Bücher, die von einer Frau geschrieben wurden“) bietet sie selbstbewusst die Stirn. Colette ist talentiert, witzig und klug. Sie weiß was sie kann und will und kämpft dafür. Ganz gleich, ob es dabei um ihre Karriere geht oder darum, ihre sexuellen Fantasien mit Männern wie auch Frauen auszuleben. Willy hingegen verblasst, wenngleich famos gespielt, an ihrer Seite zur unbedeutenden Randfigur.
„Colette“ ist Biopic, Emanzipationsgeschichte und Gesellschaftsstudie in einem – und bisweilen ist es fast erschreckend, wie zeitgemäß der ständige Kampf der Hauptfigur um Respekt und Anerkennung auch heute noch ist. Dass der Film ausgerechnet in Zeiten von #MeToo entstand, ist wohl kein Zufall.
Kritiker mögen bemängeln, dass der Film ob Colettes ausschweifender Vita (man denke etwa an die Affäre mit ihrem eigenen Stiefsohn) zu brav und wenig provokant ausgefallen ist. Dennoch ist ein kurzweiliges, teils auch recht amüsantes Porträt gelungen, das so manchen animieren dürfte, nach dem Kino (wieder) einmal in Colettes Bücher hineinzuschmökern.
IDEAL FÜR: Fans von Colette, von Keira Knightley und anderen starken Frauen.