GESAMTEINDRUCK: Auf der Suche nach der vergangenen Zeit: „Cleo“ ist eine charmante, aber auch etwas seichte Posse über eine verträumte junge Berlinerin, die nach einer Uhr sucht, welche die Stunden (und das Leben) rückwärts ticken lässt.
DIE STORY: Die Berliner Fremdenführerin Cleo (Marleen Lohse) wirft ihren Job hin, als ihr ein junger Mann namens Paul (Jeremy Mockridge) vorschlägt, ihn auf einer Schatzsuche zu begleiten. Mit einer Schatzkarte, die zum Beutelager der Gebrüder Sass, zweier historischer Berliner Gangster, führen soll. Cleo ist von dem Gedanken elektrisiert, dass sie dort eine magische Uhr finden könnte, die rückwärts läuft. Denn in der Vergangenheit könnte sie vielleicht noch einmal ihrem verstorbenen Vater begegnen – und alles tun, um seinen frühen Tod zu verhindern.
DIE STARS: Die mittlerweile 35-jährige Marleen Lohse, die schon als Kind vor der Kamera stand, gehört zu den vielbeschäftigten Schauspielerinnen des deutschen Fernsehens. Besondere Popularität errang sie in der Rolle der detektivisch begabten Tierarzt-Assistentin Jule Christiansen in der Thriller-Reihe „Nord bei Nordwest“.
Regisseur Erik Schmitt, der zuvor mit einer Reihe von Kurzfilmen Furore machte, feiert mit „Cleo“ sein Spielfilm-Debüt. Das „Cleo“-Drehbuch wurde von der Wim-Wenders-Stiftung gefördert.
DIE KRITIK: Halb melancholische Großstadt-Komödie, halb Fantasy-Märchen: „Cleo“ ist einer der wunderlichsten Filme, die in den letzten Jahren in Deutschland gedreht wurden. Das strahlend bunte Werk ist in seinem Fundament eine einzige Liebeserklärung: An die Stadt Berlin (und deren vermutete Seele), an die Liebe, an das Leben und vor allem daran, das Leben so einzurichten, wie es den eigenen Träumen entspricht. Wenn das mit realen Mitteln nicht geht – na gut, dann werden wir halt surreal.
Surreale Momente gibt’s massenhaft in „Cleo“ – nicht nur wegen des Zentralthemas einer Uhr, die rückwärts tickt. Die leicht schusselige Titelheldin kann zum Beispiel berühmten Verstorbenen wie Albert Einstein oder Marlene Dietrich begegnen, die ihr aufmunternd zur Seite stehen. Sie kann in ein unterirdisches Berlin eintauchen, wie es so außer den Filmemachern wohl noch nie jemand gesehen hat.
Und vor allem kann sie schlussendlich die Mauern rund um ihr Herz niederreißen. Denn Cleo, geboren am Tag des Mauerfalls 1989, hat in ihrem Inneren eine ganz persönliche Berliner Mauer wachsen lassen. Weil sie es nicht erträgt, dass ihre Mutter bei ihrer Geburt starb. Und ihr Vater, an dem sie abgöttisch hing, nur wenige Jahre später.
Die famose Marleen Lohse, die in ihren Rollen immer wieder mal gern eine Mixtur aus Naivität, Klugheit, Charme und Staunen ausstrahlt, wird mit dieser Aura der Cleo wunderbar gerecht. Wenn sie mit großen Augen, scheu und mutig zugleich, durch die Stadt Berlin streift, dann genießt man als Zuschauer den Platz an ihrer Seite. Marleen Lohse trägt den Film auch dann, wenn er in schwieriges Terrain gerät.
Manchmal überfordern die merkwürdigen Dinge, die sich auf der Leinwand zutragen, nämlich die Akzeptanz des Publikums. Und manchmal, wenn die Dialoge aus dem Schatzkästlein der Platitüden kommen, wird dieses moderne Märchen auch schlicht langweilig.
Da helfen dann auch die vielen filmtechnischen Zaubereien nichts, mit denen Regisseur Erik Schmitt seinen Film zum optischen Erlebnis macht. Von berühmten Vorbildern wie Jean-Pierre Jeunets „Die fabelhafte Welt der Amélie“ ist „Cleo“ doch ein großes Stück weit weg. Sagen wir, so weit wie Berlin von Paris.
IDEAL FÜR: Kinofreunde, die einen ungewöhnlichen deutschen Film sehen wollen – und die der bezaubernden Marleen Lohse gern beim Spiel zuschauen.