DIE STORY: „Chasing Niagara“ ist eine jener Sport-Dokumentationen, bei denen einem vor Staunen und Aufregung gelegentlich der Atem stockt. Es geht um den mexikanischen Paddel-Profi Rafa Ortiz, der es sich als Teenager in den Kopf setzte, die Niagarafälle mit dem Kayak zu befahren – und lebendig unten anzukommen.
Der Film beginnt mit den Vorbereitungen auf die Bootsfahrt, ein gutes Jahr vor dem geplanten Termin. Rafa Ortiz will den 57 Meter hohen Wasserfall zwar allein bezwingen, doch zum Training übt er mit einem Team von Weltklasse Kayak-Sportlern. Die Jungs steuern Wasserfälle in Mexiko und den USA an, die sie befahren: die Anaconda Falls etwa (32 Meter hoch) oder die Big Banana Falls (39 Meter).
Einer der Paddler, der Spanier Gerd Serrasolses, kommt bei einem Sturz fast ums Leben. Die Kollegen können ihn in einer dramatischen Aktion in letzter Sekunde retten. Und auch Rafa Ortiz muss einen Rückschlag hinnehmen: Er stürzt sich die Palouse Falls hinunter, die mit 57 Metern genauso hoch sind wie die Niagarafälle. Rafa kommt zwar heil unten an, wird jedoch aus dem Kayak geschleudert. An den Niagarafällen, wo mehr als 3.000 Tonnen Wasser pro Sekunde in die Tiefe stürzen, könnte das tödlich sein.
Der große Tag der Jagd auf den Niagara kommt immer näher. Mit einem mehrköpfigen Helferteam (das im Geheimen agiert, weil die Befahrung der Fälle streng verboten ist) bereitet sich Rafa Ortiz auf sein gefährlichstes Abenteuer vor...
DIE STARS: Die Kayak-Fahrer, die in „Chasing Niagara“ zu sehen sind, haben in ihrer Szene große Namen. Neben Rafa Ortiz, der sich auf Wasserfälle spezialisiert hat, und Gerd Serrasolses sind dies Gerds Bruder Aniol Serrasolses sowie die US-Sportler Evan Garcia und Rush Sturges.
Sturges gilt nicht nur als einer der besten Profi-Paddler der Welt, sondern auch als herausragender Actionsport-Filmemacher. Daher führte er bei „Chasing Niagara“, einer Produktion des Red Bull Media House aus Österreich, auch Regie.
DIE KRITIK: „Manche Leute glauben, ich sei ein Mann mit einem Todeswunsch. Aber für mich geht es darum, mir einen großen Traum zu erfüllen.“ So erklärt Rafa Ortiz zu Beginn von „Chasing Niagara“ sein Bestreben, den berühmtesten Wasserfall der Welt mit dem Paddelboot zu befahren. Des Risikos seines Plans ist er sich dabei voll bewusst: Etliche seiner Vorgänger bezahlten ihren Wagemut mit dem Leben.
Es braucht also eine gute Portion Wahnsinn, um ein Projekt wie dieses in Angriff zu nehmen – gepaart mit einer ebenso großen Portion Vorsicht. Rafa Ortiz und die anderen Boots-Männer loten zwar ihre Grenzen aus, tun jedoch auch eine Menge dafür, diese Grenzen nicht zu überschreiten.
„Chasing Niagara“ ist eine prächtige Kombination aus Sportfilm, Abenteuer und Natur-Doku. Man schaut voller Hochachtung und Sympathie den Jungs über die Schulter, wenn sie sich mutig über immer tiefere (Ge-)Fälle wagen.
Oft sitzt man Dank der mobilen GoPro-Kameras selbst mit an Bord, wenn es talwärts geht. Noch spektakulärer sind aber die Aufnahmen, die die Fahrten (oder besser: Sprünge) von außen zeigen. Denn die GoPro-Sequenzen zeigen nur noch Gischt, wenn es ernst wird. Während man bei den Bildern der Außenkameras erst wirklich ermessen kann, welche Tollkühnheit die Sportler zu ihren Sprüngen brauchen. Stets drückt man die Daumen, dass sie nach dem Aufprall gleich wieder aufrecht in ihren Kayaks auftauchen.
Durch das gelegentliche Herunterzählen der Tage bis zum großen Sprung bekommt der Film noch zusätzliche Spannung. Zwischendurch gibt’s Pausen, wenn Regisseur Sturges den Blick auf die wundervollen Landschaften in Mexiko und den USA lenkt, die von den wilden Wassern der Trainingscamps durchzogen werden. Und dann gibt’s wieder zusätzlichen Nervenkitzel, wenn’s um die Randbedingungen des Projekts geht. Denn alle Beteiligten stehen beim Projekt Niagara mit einem Bein im Gefängnis: Als Belohnung für den strikt untersagten Stunt warten nicht nur Anerkennung, sondern auch sechs Monate Haft.
So begeistert „Chasing Niagara“ den Zuschauer in vielerlei Hinsicht – auch mit einem coolen Finale, das volle Aufmerksamkeit verdient hat. Gar keine Einwände? Einer schon: Der Soundtrack legt sich gelegentlich etwas aufdringlich aufs Ohr. Da hätte ich mir mehr Naturklänge gewünscht. Wasserfälle sind eh laut genug.
IDEAL FÜR: Kayak-Sportler und Filmfans, die ganz große Abenteuer lieben.