Cats

Ein Plädoyer für die Kino-„Cats“


FilmClicks:
Tänzerische Eleganz: Die Ballerina Francesca Hayward in der Rolle der weißen Katze Victoria © Universal
GESAMTEINDRUCK: „Cats“ ist die Kinoversion des gleichnamigen Musical-Superhits von Andrew Lloyd Webber. Der Film, der von vielen Kritikern heftig verrissen wird, gefällt dem FilmClicks-Rezensenten sehr gut.
 
DIE STORY: Eine Story im üblichen Sinn hat „Cats“ nicht zu bieten. Komponist Andrew Lloyd Webber, bei der Uraufführung 1981 erst 33 Jahre alt, vertonte eine Sammlung von Katzengedichten des Literatur-Nobelpreisträgers T. S. Eliot. Um diesen lyrischen Lobpreisungen der Katzen einen theatertauglichen roten Faden zu geben, dachte man sich eine kleine Geschichte aus: Einmal im Jahr versammeln sich die Katzen von London zu einem Ball, wo eine der ihren auserwählt wird,  in den „sphärischen Raum“ aufzusteigen und so ein neues Katzenleben zu beginnen.

Große Stimme: Jennifer Hudson als ehemals glamouröse Grizabella © Universal

DIE STARS: Den intensivsten Eindruck in „Cats“ hinterlässt die Film-Novizin Francesca Hayward, Ballerina am Royal Ballet in London, die voll grenzenloser Anmut in der Rolle der weißen Katze Victoria durch den Film schwebt. Sie agiert in diesem Ensemblestück, das keine großen Hauptrollen kennt, gleichberechtigt neben Stars wie Judi Dench (als Katzen-Doyenne Old Deuteronomy), Idris Elba (als furchterregender Macavity) oder Jennifer Hudson (als stimmgewaltige und einstmals glamouröse Grizabella). Pop-Gigantin Taylor Swift, Katzenname Bombalurina, schrieb gemeinsam mit Andrew Lloyd Webber einen eigenen Song für den Film: „Beautiful Ghosts“.
Regisseur Tom Hooper, der 2011 für „The King’s Speech“ mit dem Oscar belohnt wurde, hat Erfahrungen mit Filmmusicals: 2013 drehte er den Bühnenhit „Les Miserables“ fürs Kino. Der Film erhielt drei Oscars und drei Golden Globes.

Ein schurkischer Kater: Idris Elba als Macavity © Universal

DIE KRITIK: „Trotz des formidablen Ensembles ist diese ,Cats‘-Bearbeitung ein schrecklicher Irrtum, der die meisten Zuschauer darum betteln lassen wird, aus ihrem Elend befreit zu werden.“ So liest sich das Résumée des US-Filmkritik-Portals Rotten Tomatoes, das die Reaktionen auf neue Filme zusammenfasst. Die in den USA im Fall von „Cats“ verheerend ausfallen.
Einspruch: Der FilmClicks-Rezensent mag in diesen Medien-Shitstorm nicht einstimmen. Ganz im Gegenteil: Mir haben die Kino-„Cats“ hervorragend gefallen. Der Film bringt die Atmosphäre, die Musik und den Tanz des Bühnenstücks ganz ausgezeichnet auf die Leinwand. Da bin ich mir völlig sicher: In den 1980er Jahren, als „Cats“ zum weltweiten  Phänomen wurde (in Wien lief das Musical sieben Jahre am Stück vor 2,31 Millionen Zuschauern), habe ich die Show an die zehn Mal gesehen – in Wien, London, New York, Hamburg, Moskau und anderen Produktionen mehr.
„Cats“ überzeugte damals ein weltweites Publikum (bisher hatte die Show 73 Millionen Zuschauer) mit der magischen Kombination von Fantasy, Märchen, Akrobatik, Tanz und hinreißendem Gesang.
All diese Zutaten hat Regisseur Tom Hooper nun auch in seinen Film gepackt. Man merkt der Produktion in jeder Szene an, mit wie viel Hochachtung für das Original hier gearbeitet wurde. Hooper wollte „Cats“ erkennbar nicht neu erfinden, sondern im Geist des Komponisten Andrew Lloyd Webber auf die Leinwand projizieren.
Das heißt: Musikalisch ist dieser Film, in dem nur wenig gesprochen, dafür aber umso mehr gesungen wird, von feinster Qualität. Ein erstklassiges Orchester rollt einen eleganten Klangteppich aus, auf dem die Solisten herrlich abheben können. In den 20 Musiknummern sitzt (fast) jeder Ton perfekt, und die spektakulären Choreographien der Tanzszenen machen „Cats“ auch optisch zum Vergnügen.
Einzige Einschränkung: Mit der Besetzung der dicken Katze Jennyanydots durch Rebel Wilson ist der Produktion meiner Meinung ein echter Lapsus passiert. Rebel Wilson hat sich ja als Trash-Komödiantin einen Namen gemacht, und in diesem Stil präsentiert sie sich auch in „Cats“: Vierschrötig, grobschlächtig und ordinär, doch ohne einen Funken Sinnlichkeit. Ihr Auftritt, der gottlob nicht sonderlich lange dauert, ist einfach nur peinlich.
Von diesem Aussetzer abgesehen ist „Cats“ aber ein Film, der das Zeug dazu hat, Kenner der Show und Musical-Fans zu begeistern.
Interessant ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass sich die vielen Verrisse des Musicals nicht an der Musik entzünden, sondern an der visuellen Gestaltung des Films. Die Katzen sind niemals Trickfiguren; sie werden stets von Menschen gespielt. Aber in der Bildgestaltung hat die Computer Generated Imagery (CGI) eine maßgebliche Rolle. Die Katzen und die Dekorationen bekamen ihr endgültiges Aussehen erst in der Nachbearbeitung.
Da ist gewiss einiges nicht ideal gelöst. Gelegentlich fällt auf, dass die Proportionen nicht stimmen, wenn die Kamera aus der Katzen-Perspektive auf die (menschenleere) Stadt London blickt. Aber den Figuren vorzuwerfen, dass sie wie merkwürdige Katzenwesen mit menschlichem Gesicht ausschauen, das ist absurd. Denn dass die „Cats“ von Menschen in Katzenkostümen gespielt werden, das ist nun mal seit der Uraufführung das Fundament dieser formidablen Show.
 
IDEAL FÜR: „Cats“-Fans und Musical-Liebhaber.






Trailer
LÄNGE: 111 min
PRODUKTION: USA / Großbritannien 2019
KINOSTART Ö: 25.12.2019
REGIE:  Tom Hooper
GENRE: Musikfilm
ALTERSFREIGABE: jugendfrei


BESETZUNG
Jennifer Hudson: Grizabella
Judi Dench: Old Deuteronomy
Francesca Hayward: Victoria
Idris Elba: Macavity
Taylor Swift: Bombalurina
Laurie Davidson: Mr. Mistoffelees
Ian McKellen: Gus
Rebel Wilson: Jennyanydots
Ray Winstone: Growltiger